Seit der letzten Sitzung der EZB hat sich die politische und wirtschaftliche Landschaft deutlich verändert. Donald Trump wurde zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt, und Europa sieht sich mit der Drohung neuer Zölle konfrontiert. Gleichzeitig erleben Frankreich und Deutschland, zwei Säulen der Europäischen Union, bedeutende politische und wirtschaftliche Turbulenzen. Der Euro ist eingebrochen und erscheint schwächer denn je.
Was ist der Hintergrund für die EZB?
Der US-Präsident hat die Einführung eines Zolls von 10 % auf Importe aus allen Ländern angekündigt. Obwohl diese Maßnahme Besorgnis erregt, sollte ihr Einfluss nicht überbewertet werden. Reinhard Cluse, Chefökonom bei UBS, meint: "Die negativen Auswirkungen auf das BIP der Eurozone dürften etwas größer sein als auf die Inflation." Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, warnt jedoch, dass ein Handelskrieg dieses Ausmaßes "für alle negativ" wäre.
Die beiden größten Volkswirtschaften Europas, Deutschland und Frankreich, durchleben schwere politische und wirtschaftliche Krisen. In Frankreich gibt es keine absolute Mehrheit im Parlament, der Premierminister wurde gerade gestürzt, und der Haushalt für 2025 ist immer noch nicht verabschiedet. Die französische Verschuldung erreicht Rekordhöhen, was den Druck auf das Land erhöht. Deutschland befindet sich in einer Rezession und muss ebenfalls eine bedeutende politische Krise bewältigen. Die Regierungskoalition ist zusammengebrochen, was zu einer Minderheitsregierung führte, die bis zu den für Februar 2025 geplanten Wahlen im Amt bleibt. Diese Unsicherheit schwächt die deutsche Wirtschaft zusätzlich.
Eine Zinssenkung, aber auf welchem Niveau?
Die EZB beobachtet mehrere Schlüsselindikatoren, und obwohl einige Verbesserungen zeigen, ist Vorsicht geboten. Die Inflation in Europa scheint sich dem Zielwert von 2 % zu nähern, was Grund zur Hoffnung gibt. Vor diesem Hintergrund scheint eine moderate Senkung um 25 Basispunkte das bevorzugte Szenario zu sein.
Viele Analysten erwarten diese Entscheidung und halten sie für konsequent. Eine solche Reduzierung wäre die vierte aufeinanderfolgende Zinssenkung im Jahr 2024, ein positives Signal für Anleger. Interne Diskussionen haben jedoch auch eine aggressivere Senkung um 50 Basispunkte ins Spiel gebracht, die letztlich aufgrund leicht nach oben korrigierter Inflationsprognosen im November verworfen wurde.
Die EZB-Sitzung im Dezember wird mitentscheidend für die wirtschaftliche Zukunft Europas sein. Während eine Zinssenkung erwartet wird, hängt das Ausmaß dieser Maßnahme von den komplexen Gleichgewichten zwischen den wirtschaftlichen und politischen Druckfaktoren ab, die auf die Eurozone einwirken.