Frankfurt (Reuters) - Der anhaltende Preisschub infolge des Ukraine-Kriegs und die sich eintrübende Konjunktur verschärfen laut EZB die Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems im Euro-Raum.

"Menschen und Unternehmen spüren bereits die Auswirkungen der steigenden Inflation und der Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit", sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Mittwoch zur Vorlage des Finanzstabilitätsberichts der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Risiken für die Finanzstabilität seien gestiegen. Eine technische Rezession im Euro-Raum sei wahrscheinlicher geworden.

Die Verwundbarkeiten von Haushalten, Unternehmen und Staaten, die mehr Schulden haben, hätten zugenommen, teilten die Währungshüter mit. Sie warnten davor, dass die Firmeninsolvenzen zunehmen könnten, insbesondere bei energieintensiven Unternehmen, falls sich der Ausblick weiter verschlechtern sollte. Die hohe Inflation sowie steigende Gas- und Stromrechnungen belasteten die Haushalte. Dadurch sinke ihre Kaufkraft und womöglich auch ihre Fähigkeit zur Kreditrückzahlung. Banken könnten daher mittelfristig mit höheren Kreditverlusten konfrontiert sein. Zu den Risiken zählte die EZB auch Spannungen an den Finanzmärkten, wodurch etwa die Widerstandsfähigkeit von Fonds getestet werde.

"Außerdem könnten alle diese Schwachstellen gleichzeitig auftreten und sich möglicherweise gegenseitig verstärken." Zwar profitierten die Banken von den inzwischen höheren Zinsen. Es gebe aber Anzeichen dafür, dass sich die Qualität der Vermögenswerte verschlechtere, höhere Rückstellungen könnten daher die Folge sein.

In ihrem Bericht wies die EZB auch darauf hin, dass rund die Hälfte der Energiehändler mit Engagements in Gas- und Stromderivaten mit weiteren Nachschussforderungen konfrontiert sein könnten, sollen die Energiepreise weiter ansteigen oder stark schwanken. Die Deutsche Börse hatte im Oktober darauf hingewiesen, dass trotz der seit dem Sommer gesunkenen Strom- und Gaspreise das Problem hoher Nachzahlungen bei Termingeschäften möglicherweise anhalten könnte. Händler müssen sich an der Börse gegen die Volatilität der Preise mit Absicherungsinstrumenten schützen - mit dem sogenannten Margining. In Deutschland hatten die steigenden Margins bei Energieunternehmen und Händlern zu Liquiditätsengpässen geführt.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Myria Mildenberger Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)