Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) will wegen der gelockerten Rückstellungspraxis der Banken darauf achten, dass die Institute Problemkredite ordnungsgemäß verbuchen. "Trotz früher Anzeichen für eine pandemiebedingte Verschlechterung der Kreditqualität haben einige Banken bereits begonnen, ihre Rückstellungen aufzulösen und andere planen dies zu tun", heißt es in einem auf der EZB-Website veröffentlichten Blog-Beitrag von EZB-Bankenaufsichtschef Andrea Enria, und Mario Quagliariello, Director of Supervisory Strategy and Risk, in dem die Aufsichtsprioritäten für 2022 bis 2024 vorgestellt werden.

Obwohl dies die Rentabilität im ersten Halbjahr 2021 erhöht habe, müssten die Aufsichtsbehörden sicherstellen, dass die Banken wachsam blieben und über robuste Risikokontrollen verfügten, um diesen Risiken aktiv zu begegnen zu können. "Zu diesem Zweck werden wir die Banken weiterhin dazu drängen, Kredite korrekt zu klassifizieren und eine Verschlechterung der Kreditqualität rechtzeitig zu erkennen", heißt es weiter.

Die EZB habe sich im laufenden Aufsichtsprozess auf Schwächen bei "Forbearance"-Maßnahmen, die Umklassifizierung von Krediten im Rahmen von IFRS9 sowie auf "unlikely-to-pay"-Einschätzungen konzentriert. "Unsere Aufsichtsbehörden werden diesen Erkenntnissen rigoros nachgehen und die wesentlichen Engagements der Banken in Covid-19-gefährdeten Sektoren, einschließlich Gewerbeimmobilien, eingehend prüfen", schreiben Enria und Quagliariello.

Als weiteres Problem stellen die Bankenaufseher die wegen der staatlichen Hilfsmaßnahmen zunehmend zu beobachtende Nachlässigkeit der Marktteilnehmer heraus. "Die Finanzierungsbedingungen sind günstig, die Renditeaufschläge für Staats- und Unternehmensanleihen sind niedrig, und die Renditeunterschiede sind geringer als vor der Pandemie", schreiben sie. Auch die Aktienbewertungen seien hoch.

Enria und Quagliariello warnen, dass eine plötzliche "Anpassung" der Renditen infolge veränderter Inflations- und Zinserwartungen zu einer Korrektur der Asset-Preise führen könnten. "Wir beobachten diese Situation genau, insbesondere in Anbetracht der Anfälligkeit der Banken gegenüber einigen der entsprechenden Risikofaktoren, insbesondere gegenüber Zinsen und Spreads."

Die Aufsichtsteams werden demnach besonders darauf achten, dass sich bei den Banken keine zu hohen Risiken bei Leveraged Finance eingehen. Zudem soll im Rahmen gezielter Vor-Ort-Prüfungen ermittelt werden, ob die Institute ihre Gegenparteirisiken richtig managen. Schließlich will sich die EZB auch verstärkt um die Klimarisiken der Banken kümmern.

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December 07, 2021 04:54 ET (09:54 GMT)