TALLINN (dpa-AFX) - Estlands Finanzminister Martin Helme hat im Parlament in Tallinn ein Misstrauensvotum überstanden. Nur 45 der 101 Abgeordneten sprachen sich am Mittwochabend für die Abberufung des obersten Kassenwarts des baltischen EU- und Euro-Landes aus. 53 Parlamentarier votierten gegen den Antrag, der von der Opposition eingebracht worden war. Darin wurde Helme vorgeworfen, dem estnischen Staat wissentlich und vorsätzlich Schaden zugefügt zu haben. Auch habe der Chef der rechtspopulistischen Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) durch Lügen, Verschleierung und Verunglimpfung von staatlichen Institutionen das Vertrauen als Minister verloren.

Konkreter Anlass für das Misstrauensvotum war eine Vereinbarung, die Helme im Juli mit einer vom früheren FBI-Chef Louis Freeh geleiteten Anwaltskanzlei getroffen hatte. Die Kanzlei soll Estlands Interessen in den Untersuchungen vertreten, die die USA wegen der milliardenschweren Geldwäsche-Skandale von nordischen Banken in dem Baltenstaat eingeleitet haben.

Der mit drei Millionen Euro dotierte Vertrag war zunächst nicht publik gemacht worden - und wurde nach Ansicht der Opposition ohne faires, offenes und transparentes Beschaffungsverfahren abgeschlossen. Die Zeitung "Eesti Päevaleht" berichtete Ende Juli zudem, dass Freeh zuvor von einem Unternehmen angeheuert worden sei, das in einem Geldwäscheskandal einer Bank in Estland verwickelt war - und sich damit in einem Interessenskonflikt befinde.

Der seit April 2019 amtierende Helme wies in der gut vier Stunden dauernden Parlamentssitzung die Vorwürfe als "politische Rhetorik" zurück. Der Misstrauensantrag sei ein Versuch, die Aufklärungsarbeit der Regierung zu blockieren. Auch solle damit davon abgelenkt werden, dass die Oppositionsparteien zu der Zeit, als über Banken in Estland Geld gewaschen wurde, selbst an der Macht waren, sagte er./awe/DP/fba