Frankfurt (Reuters) - Die Anleger in Europa kehren trotz steigender Corona-Zahlen in China wieder an die Aktienmärkte zurück.

Dax und EuroStoxx50 zogen am Dienstag jeweils um bis zu 0,7 Prozent auf 14.485 und 3935 Punkte an. "Der Dax ist im Moment wirklich ein Phänomen", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Zwar scheine der "große schnelle Anstieg" zu Ende zu sein. "Aber es ist erstaunlich, wie gut der Dax seine Kursgewinne verteidigt." Die Furcht vor einem Corona-Rückschlag für den wichtigen Handelspartner China hatte zum Wochenstart die Börsen ausgebremst.

Börsianer blieben angesichts der verschärften Corona-Restriktionen in der Volksrepublik aber weiter vorsichtig. Peking riegelte am Dienstag Einkaufszentren und Parks sowie Museen ab, um die steigenden Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. In weiteren chinesischen Städten wurden erneut Massentests eingeführt. Behördenvertreter in Peking hatten davor gewarnt, dass die chinesische Hauptstadt vor der schwersten Prüfung der Pandemie stehe.

Börsianer sehen die jüngste Corona-Welle als Test für die graduellen Anpassungen an, die China zuletzt bei seiner Null-Corona-Poltik eingeleitet hat. Demnach sollten die Behörden bei der Bekämpfung der Infektionen gezielter vorgehen und von Massentestungen sowie breiten Abriegelungen absehen. Die Analysten der japanischen Investmentbank Nomura gehen aber davon aus, dass fast 20 Prozent des gesamten chinesischen Bruttoinlandsprodukts wieder in irgendeiner Form von Abriegelungen oder Beschränkungen betroffen seien. Damit nähere sich der Wert erneut dem im April erreichten Höchststand, als die Wirtschaftsmetropole Shanghai abgeriegelt war.

ÖLPREIS ZIEHT WIEDER AN - ÖLKONZERNE AUCH

Auch am Rohölmarkt zogen die Preise wieder an. Ein Fass der Nordseesorte Brent verteuerte sich um bis zu 1,7 Prozent auf 88,90 Dollar, nachdem der saudiarabische Energieminister einen Bericht dementiert hat, demzufolge das Exportkartell Opec+ eine Erhöhung der Fördermengen erwäge. Am Vortag hatten Spekulationen über Produktionssteigerungen sowie die eingetrübten Nachfrageaussichten den Ölpreis zeitweise auf ein Zehn-Monats-Tief gedrückt.

Die Erholung am Ölmarkt ließ Anleger auch wieder bei Ölfirmen zugreifen. Der europäische Öl- und Gasindex notierte 3,5 Prozent fester. Gefragt waren vor allem die Aktien von BP, die in London fast sechs Prozent zulegten. Für Rückenwind sorgte bei BP auch die Hochstufung auf "buy" von zuvor "neutral" durch die Citigroup.

Den jüngsten Erholungskurs setzte mit einem Kursplus von mehr als zehn Prozent nach der vorangegangenen Talfahrt auch Uniper fort. Deutschlands größter Gashändler steht wegen eines Rekordverlust nach dem russischen Gaslieferstopp vor der Verstaatlichung. Der ebenfalls in Schieflage geratene ostdeutsche Gaskonzern VNG soll Insidern zufolge dagegen vom Bund mit einer Milliardenhilfe zurück in die Spur gebracht werden.

Unter die Räder kam dagegen TAG Immobilien. Die Titel gaben in der Spitze mehr als 13 Prozent nach, nachdem der Immobilienkonzern überraschend die Dividende für 2022 gestrichen hat. "Ein Unternehmen könnte kein negativeres Signal aussenden", sagte ein Händler. Als weiterer MDax-Wert sackten auch die Titel von Thyssenkrupp um rund fünf Prozent ab, nachdem sich der schwedische Finanzinvestor Cevian weitgehend von seiner Beteiligung an dem Industriekonzern getrennt hat. "Was für eine miserable Investition", kommentierte ein Marktteilnehmer.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)