WASHINGTON (dpa-AFX) - Obwohl die Inflation in den USA zuletzt kräftig zunahm, erwarten die Finanzmärkte von der Notenbank Fed vorerst keine Weichenstellung für ein Ende der ultralockeren Geldpolitik. Experten rechnen nicht damit, dass die Währungshüter am Mittwoch (20.00 Uhr MESZ) eine Drosselung der milliardenschweren Anleihenkäufe zur Stützung der Wirtschaft in der Corona-Krise signalisieren. Der Leitzins dürfte ohnehin auf dem Rekordtief von 0,0 bis 0,25 Prozent verharren.

"Wir erwarten keine Hinweise auf eine Veränderung der Geldpolitik", heißt es etwa im Ausblick von Währungsstratege Steve Englander von der Standard Chartered Bank. Dabei legte die Teuerung in den USA zuletzt deutlich zu. Im April lag die Inflationsrate bei 4,2 Prozent und im Mai bei 5,0 Prozent. Obwohl die Fed dafür zuständig ist, neben hoher Beschäftigung auch stabile Preise zu gewährleisten, scheinen höhere Zinsen aber noch weit weg.

Die Notenbanker haben immer wieder deutlich gemacht, dass sie den Inflationsschub nur für vorübergehend halten. Ein wesentlicher Grund für diese Annahme liegt in der Corona-Krise, die das Preisniveau vor einem Jahr stark drückte, was die jetzigen Werte ungewöhnlich hoch erscheinen lässt. Zudem hat sich die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt seit dem Einbruch zu Beginn der Pandemie zwar deutlich verbessert, doch die Erwerbslosigkeit liegt noch immer spürbar über dem Vorkrisenniveau.

In der Finanzwelt ist die Inflation in der weltgrößten Volkswirtschaft dennoch das alles beherrschende Thema. Und bei Weitem nicht alle Experten teilen die Gelassenheit der Fed. Die Geduld der Notenbanker sei zwar "bewundernswert", doch wenn die Teuerung vernachlässigt würde, säße die Weltwirtschaft auf einer "Zeitbombe", warnten zum Beispiel einige Analysten und Ökonomen der Deutschen Bank jüngst in einer vielbeachteten Studie.

Auch wenn die Mehrheit der Marktteilnehmer noch nicht damit rechnet - auszuschließen sind erste Andeutungen auf eine behutsame Abkehr von der extrem laxen Geldpolitik deshalb nicht. "Die Fed könnte allmählich anfangen, über das Ende der Anleihekäufe zu diskutieren", meint Christian Henke vom Broker IG Markets. Dies könne bei Anlegern Angst schüren, dass sich die Geldschleusen auf absehbare Zeit schließen. Ein empfindliches Thema, denn: "Gerade die Geldspritzen der Notenbanken haben die Märkte in den vergangenen Jahren angetrieben."

Bernd Weidensteiner von der Commerzbank hält die jüngsten Daten vom Arbeitsmarkt noch nicht für gut genug, damit die Fed einen baldigen Kursschwenk in Aussicht stellt. Er verweist darauf, dass Notenbankpräsident Jerome Powell Anfang April eine Reihe starker Zahlen vom Arbeitsmarkt gefordert hatte. Doch Weidensteiner geht davon aus, dass die Fed-Vertreter zumindest damit beginnen werden, über einen Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik zu diskutieren. Derzeit kauft die Notenbank monatlich Wertpapiere im Volumen von 120 Milliarden Dollar, um die Konjunktur anzuschieben./hbr/jkr/DP/zb