Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der Handelsverband Deutschland HDE rechnet für dieses Jahr mit einem Umsatzplus von nominal 3 Prozent für die gesamte Branche - allerdings unter der Voraussetzung, "dass die Pandemie und die sie begleitenden Einschränkungen beim Einkauf zeitnah an Bedeutung verlieren". Das teilte der Verband bei seiner Jahrespressekonferenz mit. Preisbereinigt bedeute dies weitgehend Stagnation. "Nach einem schwierigen, von der Pandemie geprägten Jahr, hofft der Einzelhandel auf ein besseres 2022. Diese Erwartungen werden sich aber nicht für alle Händler erfüllen können" sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

"2G macht es nach wie vor vielen Unternehmen unnötig schwer, wirtschaftlich erfolgreich zu arbeiten. Diese im Kampf gegen die Pandemie nutzlose Maßnahme muss endlich bundesweit fallen", forderte er. Eine aktuelle Umfrage des Verbandes unter 1.300 Handelsunternehmen zeige, dass 46 Prozent der Händler, die unter 2G arbeiten müssten, ihre Geschäftslage als schlecht einschätzten. Ohne 2G liege dieser Wert bei nur 24 Prozent. Dazu kämen bei vielen Händlern nach wie vor große Probleme mit Lieferschwierigkeiten. Insbesondere die Bereiche Sportartikel, Elektronik und Haushaltswaren seien massiv betroffen. Die aktuelle Geschäftslage im Einzelhandel sei insbesondere bei kleineren Unternehmen und im innerstädtischen Bekleidungshandel weiter schlecht.

Nach wie vor litten viele Händler unter den durch die 2G-Regelung ausgelösten Umsatzrückgängen. Ließen die Auswirkungen der Pandemie zeitnah nach und würden Maßnahmen wie 2G für den Handel zurückgenommen, rechne der HDE für die Branche trotz aller Probleme insgesamt mit dem Umsatzplus von 3 Prozent. Das Gros des Wachstums dürfte allerdings erneut aus dem Online-Bereich kommen, der mit einem Umsatzplus von 13,5 Prozent auf 98,4 Milliarden Euro rechnen dürfe. Für den stationären Handel wird ein Plus von 1,2 Prozent auf 505,3 Milliarden Euro veranschlagt. Insgesamt würden sich die Umsätze im Einzelhandel damit auf 605,4 Milliarden Euro belaufen.

"Obwohl die Umsätze in der Gesamtbilanz wachsen werden, gibt es klare Verlierer", sagte Genth. Insbesondere die innerstädtischen Händler würden auch in diesem Jahr noch unter Nachwirkungen der Corona-Krise leiden. "Insgesamt könnten deshalb in diesem Jahr noch einmal knapp 16.000 Geschäfte verloren gehen", erklärte der HDE-Hauptgeschäftsführer. Seit Corona-Ausbruch seien viele Nicht-Lebensmittelhändler an 263 von 569 Verkaufstagen zwangsgeschlossen oder mit Einschränkungen wie der 2G-Regel belegt gewesen.

Der HDE fordere deshalb weiterhin eine schnelle Anpassung der Corona-Hilfen, um die Auswirkungen der Pandemie und der staatlichen Maßnahmen abzufedern. "In vielen Stadtzentren droht eine sich weiter verschärfende Situation", warnte Genth. Die Politik müsse endlich sicherstellen, dass die Corona-Hilfen rasch und zielgerichtet ankommen. Dabei gehe es insbesondere um eine Senkung der Zugangshürden bei der Überbrückungshilfe. Bisher müssten die Unternehmen mindestens 30 Prozent Umsatzrückgang nachweisen, bei solch hohen Werten komme in vielen Fällen aber jede Hilfe zu spät.

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February 01, 2022 04:30 ET (09:30 GMT)