Berlin (Reuters) - Deutsche Hotels und Restaurants haben ihren Umsatz im ersten Halbjahr angesichts gelockerter Corona-Maßnahmen fast verdoppelt.

Das deutsche Gastgewerbe setzte von Januar bis Juni preisbereinigt (real) 98,5 Prozent mehr um als während der Pandemie im Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Während die Corona-Schutzmaßnahmen im 1. Halbjahr 2021 erst Ende Mai gelockert wurden, traten die ersten Lockerungen diesmal bereits im Februar in Kraft, erklärten die Statistiker zu dem Aufwärtstrend. Die realen Umsätze lagen aber noch gut ein Fünftel unter dem Niveau der ersten sechs Monate des Vorkrisenjahres 2019. "Die Halbjahresbilanz zeigt, dass das dritte Verlustjahr in Folge droht", erklärte der Branchenverband Dehoga mit Blick auf den Umsatz.

"Die existenziellen Sorgen und Nöte der Unternehmer wachsen erneut", warnte der Präsident Guido Zöllick vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). "Die Lage ist extrem herausfordernd, da die Branche zeitgleich mit explodierenden Kosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal konfrontiert ist." Insbesondere bei den Energiekosten sei ein Ende der Preisspirale nicht absehbar. Erschwerend hinzu kämen die geplanten Corona-Maßnahmen. "Die Branche befürchtet wieder massive Umsatzverluste wie im letzten Winter." Zöllick forderte, die wegen der Corona-Krise bis Ende 2022 auf sieben Prozent gesenkte Mehrwertsteuer auf Speisen so weiterlaufen zu lassen. "Ansonsten werden viele Betriebe die Krise nicht überleben."

Derweil setzte sich die zuletzt positive Tendenz zu Beginn der Sommersaison fort: Im Juni allein stiegen die Umsätze im Gastgewerbe real um 3,1 Prozent zum Vormonat. Die nominalen Umsätze erreichten "erstmalig seit Pandemiebeginn wieder das Vorkrisenniveau (+0,1 Prozent), was jedoch auf die deutlichen Preissteigerungen zurückzuführen ist", wie die Statistiker betonten. Die Hotels und sonstigen Beherbergungsunternehmen nahmen im Juni real 2,1 Prozent mehr ein als im Mai. In der Gastronomie nahm der Umsatz um 0,7 Prozent zu.

Zuvor wurde bereits für den Deutschland-Tourismus eine positive Halbjahresbilanz gezogen. Hotels, Pensionen und andere Beherbergungsbetriebe in Deutschland haben wegen gelockerter Corona-Auflagen in den ersten sechs Monaten mehr als doppelt so viele Übernachtungen gezählt wie ein Jahr zuvor. Die Zahl stieg von Januar bis Juni um gut 146 Prozent auf insgesamt fast 188 Millionen. "Die erfreuliche Entwicklung zeigt, dass Deutschland als Reiseziel gut aufgestellt ist", bilanzierte Geschäftsführer Norbert Kunz vom Deutschen Tourismusverband (DTV). "Inwiefern die gestiegenen Lebenshaltungskosten die Reiselust im Herbst und Winter beeinflussen werden, bleibt abzuwarten."

Die meisten Verbraucher passen einer Umfrage zufolge bereits ihr Kaufverhalten an steigende Preise an: Jeder Zweite ist demnach im Freizeitbereich sparsamer und besucht etwa seltener Restaurants, Kinos und Freizeiteinrichtungen, wie aus dem DeutschlandTrend für das ARD-Morgenmagazin hervorgeht.

(Bericht von Rene Wagner und Klaus Lauer, redigiert von Jörn Poltz. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)