(Reuters) - Die Vermieter von Hunderten Flugzeugen in Russland dürften ihren Besitz wegen der Sanktionen so bald nicht wiedersehen.

Ein am Donnerstag veröffentlichter russischer Gesetzentwurf lässt erahnen, dass es zu jahrelangem Rechtsstreit um Jets im Wert von zehn Milliarden US-Dollar kommen dürfte. Die Sanktionen des Westens gegen Russland wegen des Krieges in der Ukraine zwingen die westlichen Leasingfirmen, bis 28. März die Verträge mit russischen Airlines aufzulösen. Doch ob sie an ihr Eigentum kommen, ist unklar. Nach dem Entwurf des russischen Verkehrsministeriums soll bei einer Vertragskündigung eine Regierungskommission entscheiden, ob das Flugzeug zurückgegeben werden kann oder in Russland verbleiben muss. Die russischen Airlines könnten die Maschinen außerdem in Russland als ihr Eigentum registrieren lassen und Betriebslizenzen erhalten.

Die Auflösung von grenzüberschreitenden Verträgen und die Rückgabe von Flugzeugen ist geregelt im internationalen Abkommen von Kapstadt, dem auch Russland beitrat. Damit wäre ein geordneter Prozess zur Rückführung von Jets möglich. Aber der russische Gesetzentwurf sei ein Bruch dieser Vereinbarung, erklärte Eddy Pieniazek, Leiter der Analyseabteilung der britischen Luftfahrtberatungsfirma Ishka. Leasingraten sollen nach dem Willen Russlands in Rubel statt in der Vertragswährung Dollar gezahlt werden, was die Summe angesichts des massiven Kursverfalls der russischen Währung schmälern dürfte.

POLITISCHES RISIKO ÜBERSEHEN

Insgesamt sind fast 780 Flugzeuge von russischen Fluggesellschaften geleast, davon gehören 515 ausländischen Leasinggebern. Bisher gäben die russischen Airlines die Maschinen nicht zurück, erklärte Luftfahrtexperte Bertrand Grabowski. Nur eine Handvoll Flieger, die im Ausland standen, seien gesichert worden. Der Markt Russland und die führende Fluggesellschaft Aeroflot hätten als sehr zuverlässig gegolten. Doch das politische Risiko sei ausgeblendet worden.

Der Flugzeugleasingbranche, der mehr als die Hälfte der Flugzeuge weltweit im Wert von rund 300 Milliarden Dollar gehört, droht massiver Verlust. Der in Dublin sitzende Marktführer AerCap trägt nach Brancheninformationen mit 152 in Russland vermieteten Flugzeugen das größte Risiko. Das Unternehmen äußerte sich zu den Folgen der Gesetzespläne nicht. Es hatte kürzlich erklärt, etwa fünf Prozent seiner Flotte nach Nettobuchwert seien an russische Airlines verliehen.

Abschreibungen der Vermögenswerte dürften die Unternehmen so lange hinauszögern, bis klar ist, wieviel sie verlieren und ob sie entschädigt werden. Fraglich ist, ob Versicherungen mit Kriegsrisikopolicen einspringen. Experten gehen von einem langwierigem Rechtsstreit darüber aus. So erklärte der chinesische Flugzeugvermieter BOC Aviation, bei dem ebenfalls rund fünf Prozent der Aktiva betroffen sind, die Versicherungen stornierten nach und nach bestimmte Elemente in Policen, die Leasingmaschinen in Russland betreffen. "Dies ist eine komplexe und sich schnell entwickelnde Situation, die wir genau beobachten", ergänzte BOC. "Insgesamt ist es ein sehr düsteres Bild", sagte Berater Jerrold Lundquist. Das werde die Gerichte ewig beschäftigten.