Von Markus Klausen

FRANKFURT (Dow Jones)--Wer die Automesse IAA in München kommende Woche besucht, dürfte überrascht ein: Die Messe hat sich von Grund auf gewandelt, viele Verbesserungsvorschläge von Kritikern wurden umgesetzt. Mitten in der Stadt gibt es an zahlreichen Plätzen diverse Messestationen mit Diskussionsveranstaltungen, Stände von Fahrrad- oder E-Bike-Herstellern und natürlich den Autokonzernen. Individuelle Mobilität wird groß geschrieben. Doch für manchen Beobachter schießt der Verband der Automobilindustrie (VDA) als Ausrichter damit über das eigentliche Ziel hinaus.

"Insgesamt scheint die IAA als eine Art Volksfest mit Diskussionsbühnen und angeschlossener Messe geplant zu sein", so Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research. Fahrräder, Start-ups, Kids Worlds, Fitness Arena, Oldtimer - eine bunte Melange statt klarer Fokussierung, kritisiert der Autoexperte. Die entscheidende Frage bei der Bewertung der Messe dürfte sein, ob die IAA - vor allem wegen der zuletzt wieder wachsenden Bedeutung individueller Mobilität und der Neuentdeckung des Autos infolge der Corona-Pandemie - zu sehr verwässert wird.


   Wichtige Hersteller fehlen - wieder einmal 

Fest steht schon jetzt, dass der VDA einen Trend der vergangenen Jahre - trotz (oder gerade wegen?) des neuen Konzepts - nicht aufhalten konnte: Viele wichtige Hersteller bleiben der Messe in der Zeit von 7. bis 12. September fern. Beim Blick auf die teilnehmenden Unternehmen stechen somit vor allem die deutschen Autokonzerne hervor, international wichtige Marken sind kaum zu finden: Volvo mit Polestar, Peugeot, Citroen, Opel, Fiat, Alfa Romeo, Ferrari fehlen genauso wie die japanischen Hersteller Toyota und Mazda. Und auch Tesla oder Jaguar Land Rover gehen in München erst gar nicht an den Start.

Steht damit hinter dem Neustart der IAA damit schon von Anfang an ein dickes Fragezeichen? Für den VDA ist die Abwesenheit so wichtiger Hersteller wie Toyota oder Tesla kein Beinbruch - das Auto soll ja ohnehin weniger als früher im Rampenlicht stehen. Zudem sei der ein oder andere Hersteller wieder mit von der Partie, nachdem beispielsweise Renault zuletzt in Frankfurt nicht im Start war.


   Antworten auf die Chip-Krise 

Unabhängig von der Teilnehmerliste gibt es aktuell eine Vielzahl spannende Themen in der Branche. Das industrielle Umfeld bietet genug Inhalt für Diskussionen: Belasteten zur vorherigen Messe in Frankfurt noch der Handelsstreit China/USA oder der Brexit die Autobranche, boomt seit Monaten überraschend die Autonachfrage. Doch die Halbleiter-Krise bremst die Produktion zunehmend. Welche Lösungen haben Autohersteller auf die immer schwierigere Lage, die bis weit in das nächste Jahr anhalten wird? Darauf und auf weitere absehbare Krisen müssen die Firmen ab Montag Antworten parat haben. Autoexperte Dudenhöffer geht mittlerweile sogar davon aus, dass nach der Chip-Krise angesichts des Hochlaufs der E-Mobilität ab 2024 mit einem zunehmenden Batteriezellen-Engpass zu rechnen ist.

An Themen für eine Messe wie die IAA, die zunehmend den Dialog mit verschiedensten Gruppen der Gesellschaft sucht, mangelt es nicht. Doch am Ende wird die Frage zu beantworten sein, ob sich eine Messe in diesem Format gegen die vor allem von den Autoherstellern selbst verstärkt inszenierten "Power Days", "EV Days" oder "Battery Days" als Parallelveranstaltung behaupten kann.

Fakt ist, dass die zuspitzende Corona-Lage die Messe ausbremst. "Das Konzept der IAA ist toll, direkt in die Stadt zu gehen", sagte jüngst Audi-CEO Markus Duesmann. Der Zeitpunkt sei wegen der steigenden Inzidenzen allerdings "kritisch".

Kontakt zum Autor: markus.klausen@dowjones.com

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September 03, 2021 05:36 ET (09:36 GMT)