Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat Deutschland für nächstes Jahr einen deutlichen Rückgang der Wirtschaftsleistung vorhergesagt. Das arbeitgebernahe Institut rechnet für 2022 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von rund 1,25 Prozent und 2023 mit einem Rückgang um rund 1,75 Prozent. "Nach der Corona-Krise verursacht der Krieg in der Ukraine eine Energiekrise", betonten die Konjunkturforscher. Historisch hohe Inflationsraten belasteten Unternehmen und private Haushalte gleichermaßen. "Alles deutet darauf hin, dass Deutschland unkontrolliert in eine Rezession schlittert", sagte IW-Direktor Michael Hüther.

Der deutschen Wirtschaft stünden schwierige Zeiten bevor. Energie sei nicht nur extrem teuer, sondern im Winterhalbjahr für Unternehmen auch nicht gesichert: In vielen Branchen sei unklar, ob es in den kommenden Monaten genug Rohstoffe und Vorprodukte geben werde. Gleichzeitig breche die Nachfrage ein: "Hohe Inflationsraten belasten die Deutschen, größere Anschaffungen werden, wenn möglich, verschoben", so das IW. In diesem Jahr dürfte die Inflationsrate im Schnitt bei 8 Prozent liegen, für 2023 erwartete das Institut immer noch Inflationsraten von mindestens 5 Prozent. Die realen Konsumausgaben würden 2023 um rund 2,25 Prozent unter dem Niveau dieses Jahres liegen.

Die wesentlichen Verursacher dieser Lage dürften auch im kommenden Jahr Politik und Wirtschaft beschäftigen. Voraussichtlich werde der Krieg in der Ukraine auch im Winter nicht enden. Für die deutsche Wirtschaft folge daraus, dass Energie auch weiterhin teuer bleibe. Hinzu komme, dass die Pandemie nach wie vor Spuren hinterlasse; Produktionsprozesse blieben gestört, internationale Lieferketten gerieten immer wieder ins Stocken. In vielen Branchen fehlten tausende Fachkräfte - das trübe die künftigen Aussichten zusätzlich.

"Der Staat muss jetzt massiv gegensteuern, bevor es endgültig zu spät ist", forderte Hüther. Die bisherigen Entlastungen für Verbraucher seien wichtig, doch sollte die Regierung die Unternehmen nicht vergessen, die aufgrund der hohen Energiekosten überfordert seien. "Sie sollten umfangreich unterstützt werden - notfalls muss die Schuldenbremse erneut ausgesetzt werden."

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September 27, 2022 03:17 ET (07:17 GMT)