BERLIN (Dow Jones)--Deutsche Steuerzahler bekommen 2021 eine Steuer- und Abgabenentlastung, die höher ist als die Erleichterungen aus den Jahren 2017 bis 2020 zusammengenommen, so das Ergebnis einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Dank des Ausgleichs der kalten Progression, der Abschaffung des Solis und einer Erhöhung des Kindergelds komme es zur größten Entlastung seit Jahren. "Gerade in der Corona-Krise, in der viele Arbeitnehmer Einkommenseinbußen hatten, kommt die Erleichterung wie gerufen", sagte IW-Steuerexperte Martin Beznoska.

Nach den Berechnungen des Instituts zahlen Singles bei gleichbleibendem Einkommen im kommenden Jahr bis zu 2.000 Euro weniger Steuern und Abgaben als noch zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode 2017. Alleinerziehende mit einem Kind haben bis zu 3.000 Euro mehr zum Leben, eine Familie mit zwei Kindern sogar bis zu 4.500 Euro. Die Höhe der Entlastung ist allerdings abhängig vom jeweiligen Einkommen.


   Soli und kalte Progression 

Dabei mache die Abschaffung des Solis den größten Teil der Entlastung aus, erklärte das IW. Außerdem schlägt positiv zu Buche, dass die Bundesregierung Anpassungen bei der sogenannten "kalten Progression" vorgenommen hat, die im kommenden Jahr höher sein wird als die zu erwartende Inflation.

Unter kalter Progression versteht man, dass bei Lohnerhöhungen auch der persönliche Steuersatz steigt. Bei höherer Inflation bleibt dann unter dem Strich oft weniger Geld in der Tasche der Arbeitnehmer, bei niedriger Inflation ist es bei Lohnsteigerungen mehr. "Da Lohnerhöhung plus Inflationsrate (im Jahr 2021) geringer ausfallen als die von der Bundesregierung festgelegte Verschiebung des Einkommensteuertarifs, kommt es 2021 zu keiner Steuermehrbelastung", sagte Beznoska.

Allerdings kritisierte das IW, dass trotz der für 2021 zu erwarteten Erleichterungen eine Einkommenssteuerreform dringend nötig sei. Denn an den Grundproblemen des Tarifs habe sich nichts geändert. Der sogenannte Mittelstandsbauch belaste niedrige und mittlere Einkommen überproportional und mindere Anreize, mehr zu arbeiten, so das IW. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent werde seinem Namen nicht gerecht, da ihn breite Bevölkerungsschichten zahlten. "Nach der Bundestagswahl muss die neue Bundesregierung die Einkommenssteuerreform dringend anpacken", erklärte Studien-Co-Autor Tobias Hentze.

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November 27, 2020 05:22 ET (10:22 GMT)