BERLIN (Dow Jones)--Eine längere wöchentliche Arbeitszeit und eine Erhöhung der Erwerbstätigenquote könnte Deutschland dabei helfen, den Corona-Schuldenberg abzutragen. Angesichts der alternden Bevölkerung pflege die Politik eine "naive Hoffnung", dass man ohne weitreichende Reformen aus dem Schuldenberg herauswachsen könne, erklärte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW). In einer Studie verglich das Institut die Situation Deutschlands mit der in der Schweiz, wo die Jahresarbeitszeit je Erwerbstätigen um 11 Prozent deutlich höher liegt. Es habe sich gezeigt, dass es in Deutschland erhebliche Arbeitsmarktpotenziale gebe.

Eine graduelle Erhöhung der Erwerbstätigenquote sowie der wöchentlichen Arbeitszeit auf das Niveau der Schweiz könnte das preisbereinigte deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach zehn Jahren um bis zu 8 Prozent steigern, während die Schuldenstandquote um fast ein Fünftel im Vergleich zum heutigen Niveau sinken könnte.

Übertrage man die schweizerische Wochenarbeitszeit und die Jahresarbeitswochen auf das deutsche Arbeitsmarktmodell, ergebe sich ein Potential von 7,7 Milliarden Stunden oder 4,7 Millionen Vollzeitäquivalenten. Dieses Potenzial könne unter anderem durch den Abbau unfreiwilliger Teilzeit oder eine Angleichung der Wochenarbeitszeit der Frauen an die der Männer mithilfe gezielter Rahmenbedingungen wie eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie entsprechende Verbesserungen der Beschäftigungsanreize im Steuersystem mobilisiert werden.

Das IW betonte, dass ein "Herauswachsen aus der krisenbedingt erhöhten Schuldenquote durch mutige angebotsseitige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen denkbar" sei. "Das dadurch steigerbare Produktionspotenzial kann einen entscheidenden Beitrag zur Senkung der im Zuge der Covid-19-Krise gestiegenen Schuldenstandsquote leisten", so das IW. "Doch es handelt sich dabei um keinen Selbstläufer, sondern erfordert die richtigen Weichenstellungen, um ein höheres Arbeitsvolumen in der nächsten Dekade in Deutschland zu mobilisieren."

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June 14, 2021 04:54 ET (08:54 GMT)