Eine Auswahl an Kommentaren aus Tageszeitungen zu wichtigen Themen des Tages.

HOLOCAUST-GEDENKTAG

Badische Tagblatt: "Mit der schwindenden Zahl der Zeitzeugen tritt die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen in eine neue Phase. Alle noch so bewegenden Reden und Appelle gestern im Bundestag können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich im Land der einstigen Täter Judenhass wieder unverhohlen zu Wort meldet. Im Netz besonders, aber auch an Stammtischen, in Vereinen, im Alltag. (...) Umso wichtiger ist es, an den Holocaust zu erinnern. Mit neuen Formaten und Erzählungen, wenn die letzten Überlebenden immer seltener zur Verfügung stehen, um ihre schrecklichen Erlebnisse zu schildern. Man muss erinnern, nicht um neuen Generationen die Schuldfrage zu stellen, sondern um zu verhindern, dass sich diese Selbstüberhebung der Menschen, diese Verblendung, diese Verbrechen wiederholen. (...)"

Frankfurter Rundschau: "Das Gedenken an den Holocaust nach den Zeitzeugen wird anders aussehen. Jüdisches Leben der nächsten Generation sieht anders aus. Aber einen Schlussstrich darf es, wird es nicht geben. Die Verharmlosungen des Holocaust und der NS-Diktatur durch rechtsoffene Corona-Demonstranten dürfen nicht unwidersprochen bleiben, der Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus muss immer und überall geführt werden. Minderheiten sind Seismographen für den Zustand der Demokratie. Erst seit kurzem wächst wieder die Erkenntnis, dass Antisemitismus und Rassismus zwei Seiten einer Medaille sind, der gleichen Ausgrenzung, der gleichen Anfänge. Die Überlebenden des Anschlags von Halle und die Hinterbliebenen der Mordnacht von Hanau haben das verstanden und sich zusammengetan. Der Holocaust bleibt ein singuläres Menschheitsverbrechen. Die Erinnerung daran darf nicht vergehen. Doch sie kann nur bleiben, wenn sie sich wandelt."

Frankfurter Allgemeine: "Wie konnte es dazu kommen? Diese quälende, ewige Frage muss leider ergänzt werden: Haben wir denn gar nichts gelernt? Trotz einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit dem Völkermord an den europäischen Juden, einer staatlichen Gedenkkultur und einer breiten Behandlung der NS-Herrschaft in Schulen ist rechtsextremistischer Terror wiederaufgelebt. Auch wenn es für einen Generalverdacht gegenüber dieser doch gereiften Republik und ihrer Organe keinen Grund gibt - so steht man doch fassungslos vor Gewaltausbrüchen, aber auch vor einer Verharmlosung und Instrumentalisierung des Genozids durch Corona-"Querdenker" und ihren parlamentarischen Flügel. Noch mehr Aufklärung über die NS-Untaten kann nie schaden. (...)"

KONJUNKTUR IN DER PANDEMIE

Mitteldeutsche Zeitung: "Mit dem lapidaren Satz von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), dass jetzt nicht der Zeitpunkt sei, um über Öffnungen und Lockerungen zu sprechen, ist es nicht getan. Im Gegenteil. Gerade jetzt, wo die Aussichten für viele so düster sind, ist genau der richtige Zeitpunkt dafür. Wohlgemerkt: zu sprechen, nicht sie zu beschließen. Dafür ist die Lage trotz zuletzt sinkender Infektionszahlen zu fragil - zumal derzeit niemand seriös vorhersagen kann, wie sich die Virus-Mutationen aus England und Südafrika auf das Infektionsgeschehen auswirken. Trotzdem muss die Politik einen Weg für die nächsten Monate aufzeigen."

Kölner Stadt-Anzeiger: "Vor einem halben Jahr etwa, gegen Ende des Sommers, hoffte die Bundesregierung noch, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise schnell vergessen sein würden. (...) Aus der Traum, muss man aus heutiger Sicht leider sagen. Die zweite Corona-Welle in Herbst und Winter hat all die schönen Berechnungen und Planspiele zunichtegemacht. Drei Prozent Wirtschaftswachstum erwartet die Bundesregierung in diesem Jahr noch. Das ist zwar mehr als in jedem einzelnen der vergangenen zehn Jahre, aber es ist deutlich weniger als jene fünf Prozent, um die die Wirtschaft im vergangenen Jahr eingebrochen ist. Anders ausgedrückt: Die Blitzerholung ist abgesagt. Der Weg aus der Krise wird lang, und er wird mühsam.(...)"

Stuttgarter Zeitung: "Der Frage, wie der Staat in Zukunft finanziert wird, wie Deutschlands Wirtschaft auf Dauer Weltklasse bleibt und die Transformation gelingt, kann sich keine politische Formation entziehen. Die Debatte muss ernsthaft geführt werden. Jetzt vor den Wahlen - und nicht irgendwann danach."

ABSCHIEBEVERBOT NACH GRIECHENLAND

Neues Deutschland: "Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat jüngst menschenunwürdige Bedingungen an den europäischen Außengrenzen bemängelt. Es ist damit nicht das erste. Aber trotz entsprechender Urteile gibt es tagtäglich neue Berichte von Menschen, die auf dem Mittelmeer ertrinken, die obdachlos auf den Straßen Italiens oder Griechenlands leben, die geschlagen und vergewaltigt werden. Wenn nun der innenpolitische Sprecher der Unionsparteien beklagt, dass durch das Urteil das Dublinsystem ausgehebelt werde, möchte man ihm nur zurufen: "Schön wär's." Denn was in Europa seit Jahren tatsächlich ausgehebelt ist, ist das Recht auf Asyl. Während Parlamentarier*innen in Brüssel monatelang ohne Ergebnis darum feilschen, so wenig Schutzsuchende wie möglich aufzunehmen, sterben Menschen an den europäischen Außengrenzen, die vor Krieg und Armut flüchten. (...)"

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January 27, 2021 14:57 ET (19:57 GMT)