Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die bisher für das vierte Quartal veröffentlichten Daten lassen den Schluss zu, dass die befürchtete Rezession in Deutschland nun auch in den harten Konjunkturdaten aufzutauchen beginnt: Die Einzelhandelsumsätze sind im Oktober deutlich gesunken, Exporte und Importe ebenfalls. Die Woche bringt nun Daten aus der Industrie - zu Umsatz und Produktion sowie Auftragseingang -, die für ein vollständigeres Bild sorgen werden. Dazu gehören allerdings auch Zahlen zur Produktion im Dienstleistungssektor für September, der Deutschland im dritten Quartal noch vor einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bewahrt hatte.

Die Woche beginnt mit dem ISM-Index des Dienstleistungssektors in den USA, auf dem nach dem Rückgang des Industrie-ISM auf unter 50 Punkte ein besonderes Augenmerk liegen dürfte. Außerdem kommen in der Woche Zinsentscheidungen aus Australien und Kanada sowie Verbraucherpreisdaten aus China.


   ISM-Index - Anzeichen für Rezession? 

Dass der ISM-Index der US-Industrie im November erstmals seit zweieinhalb Jahren unter die Marke von 50 Punkten gefallen, bedeutet für sich genommen noch nicht viel. Aber auch der entsprechende Einkaufsmanagerindex von S&P Global hat seine Talfahrt fortgesetzt. Die Subindizes von Auftragseingang und Beschäftigung fielen ebenfalls unter 50 Punkte. Und obwohl dies die Wahrscheinlichkeit fortlaufend sehr großer Zinsschritte der US-Notenbank für sich genommen verringerte, reagierten die US-Börsen mit Verlusten. Der Grund: Rezessionsangst.

Der ISM-Index des Dienstleistungssektors erfasst einen viel größeren Teil der Wirtschaft, und er lag zuletzt - mit sicherem Anstand von der Wachstumslinie - bei 54,4 Punkten. Gleichwohl werden Analysten und Marktteilnehmer genau auf seine Entwicklung achten, wenn die Daten am Montag (16.00 Uhr) veröffentlicht werden.


   Deutscher Auftragseingang im Oktober leicht erholt 

Der Auftragseingang der deutschen Industrie dürfte sich im Oktober nach kräftigen Rückgängen im zweiten und dritten Quartal zu Beginn des vierten etwas erholt haben. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass die Bestellungen gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent gestiegen sind, nachdem sie im September um satte 4,0 Prozent nachgegeben hatten. Unternehmen berichten in Umfragen von einer rückläufigen Nachfrage. Allerdings sitzen sie noch auf hohen Auftragsbeständen, die es abzuarbeiten gilt. Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht die Daten am Dienstag (8.00 Uhr), zusammen mit denen zum Industrieumsatz, die einen Hinweis auf die Entwicklung der Produktion geben werden.


   Deutsche Produktion sinkt im Oktober 

Die deutsche Produktion dürfte im Oktober trotz hoher industrieller Auftragsbestände gesunken sein. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte rechnen damit, dass der Output im verarbeitenden Gewerbe, am Bau und in der Energiewirtschaft gegenüber dem Vormonat um 0,7 Prozent zurückgegangen ist, nachdem er im September um 0,6 Prozent gestiegen war. Das verarbeitende Gewerbe wird von den hohen Energiepreisen gebremst, aber von nachlassenden Lieferproblemen gestützt. Die Entwicklung am Bau und in der Energiewirtschaft bleibt abzuwarten. Die Daten werden am Mittwoch (8.00 Uhr) veröffentlicht.


   Wie viel Liquidität geben die Banken an die EZB zurück? 

Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinskonditionen der langfristigen und gezielten Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) verschlechtert hat, rechnen Analysten damit, dass die Banken einen beträchtlichen Teil der so aufgenommenen Liquidität zurückgeben werden. Beim ersten der von der EZB zusätzlich angebotenen Termine blieben die Rückzahlungen mit 296 Milliarden Euro jedoch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Möglicherweise schlagen die Banken aber jetzt zu, zumal das die letzte Gelegenheit ist, die Bilanzsumme vor dem Jahresende zu reduzieren und so Eigenkapital zu sparen. Die EZB veröffentlicht den Rückzahlungsbetrag am Freitag (12.05 Uhr).


   Zinsentscheidungen in Australien und Kanada 

Die Reserve Bank of Australia (RBA) kämpft mit der höchsten Inflation seit den 1980er Jahren, zeigt bei Zinserhöhungen aber eine größere Zurückhaltung als andere Zentralbanken. Zuletzt hob sie ihren geldpolitischen um nur 25 Basispunkte an. Die Zinsentscheidung wird am Dienstag (4.30 Uhr) bekannt gegeben.

Die Bank of Canada (BoC) folgt am Mittwoch (16.00 Uhr). Beobachter gehen davon aus, dass die BoC ihren Straffungszyklus vor der Fed beenden kann - entweder schon im Dezember oder im Januar. Für die nächste Woche wird ein Zinsschritt von 25 bis 50 Basispunkten erwartet. Der unerwartete Rückgang der Arbeitslosenquote im November spricht für einen größeren Schritt.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/smh

(END) Dow Jones Newswires

December 02, 2022 09:10 ET (14:10 GMT)