Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--"Je eher dabei, je eher davon": Diese Volksweisheit gilt auch für die Bemühungen der großen Zentralbanken, die Inflation in den Griff zu bekommen. Die US-Notenbank hat als erste der "Großen Drei" mit Zinserhöhungen begonnen und kann es nach Zinsschritten von 75 und 50 Basispunkten nun erstmals bei 25 Basispunkten belassen. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte bei 50 Basispunkten bleiben und einen weiteren Schritt dieser Größe für März signalisieren. Für die Bank of England (BoE) ist die Lage am ungemütlichsten, denn besonders schwache Wachstumsaussichten paaren sich hier mit einer außerordentlich hohen Inflation. 50 Basisunkte sind auch hier zu erwarten.

Die Woche bringt außerdem Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands und des Euroraums im vierten Quartal sowie zu deren Verbraucherpreisen für Januar. Außerdem kommt der US-Arbeitsmarktbericht für Januar.


   EZB hebt Leitzinsen um 50 Basispunkte an - Fokus auf März 

Der Rat der EZB dürfte das Tempo seiner geldpolitischen Straffung vorerst beibehalten und eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte beschließen. Dies vorausgesetzt, wird sich die Aufmerksamkeit der Analysten auf die Frage richten, ob die EZB ihre Neigung zu weiteren signifikanten Zinserhöhungen bekräftigen wird. Die unerwartet robuste Konjunktur und das Ende der chinesischen Null-Covid-Politik sprechen für einen anhaltend hohen Inflationsdruck und eine tendenziell aggressive Geldpolitik.

In die Gegenrichtung weisen dagegen die deutlich gesunkenen Energiepreise und die Aufwertung des Euro. Die EZB wird außerdem Details zu dem im März beginnenden Abbau ihrer Anleihebestände verraten. Die EZB macht ihre geldpolitischen Beschlüsse am Donnerstag (14.15 Uhr) bekannt. Gegen 14.45 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Präsidentin Christine Lagarde.


   Bank of England vor zehnter Zinserhöhung in Serie 

Auch die Bank of England (BoE) könnte bei ihrer anstehenden Sitzung (Donnerstag, 13.00 Uhr) den Leitzins um 50 Basispunkte anheben, doch dürfte das Abstimmungsverhalten der Notenbanker geteilt sein. Aktuell liegt der Leitzins bei 3,50 Prozent. Auch im Dezember wurde der Leitzins um 50 Basispunkte erhöht. Es war der neunte Zinsschritt in Folge. Damals fiel die Entscheidung mit einer Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. Zwei Ratsmitglieder stimmten für stabile Zinsen und ein Ratsmitglied für eine Erhöhung um 75 Basispunkte.

Die schwachen Wirtschaftsaussichten in Großbritannien in Verbindung mit der hohen Inflation stellen eine Herausforderung für die BoE dar. Die Notenbank steht damit vor der schwierigen Wahl, die hohe Inflation zu bekämpfen oder die Wirtschaft zu stützen. Die Inflation hat sich vor der Jahreswende nur leicht abgeschwächt, im Dezember sank die Inflationsrate auf 10,5 von 10,7 Prozent im November. Die hohen Lebenshaltungskosten und die Energiekrise haben zu sozialen Spannungen und zu Streikwellen geführt.


   Fed stellt Kurs auf Zinserhöhung um 25 Basispunkte 

Die Währungshüter der US-Notenbank dürften ihre Zinserhöhungen zum zweiten Mal - auf nur noch 25 Basispunkte - verlangsamen. Der Offenmarktausschuss FOMC dürfte darüber diskutieren, wie stark sich Arbeitsnachfrage, Ausgaben und Inflation noch abschwächen müssen, damit sie eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen können. Zuletzt haben Fed-Vertreter signalisiert, dass ihnen Zinsschritte von 25 Basispunkten mehr Zeit geben würden, um die Auswirkungen ihrer bisherigen Erhöhungen abzuschätzen und den Endpunkt der Zinserhöhungen zu bestimmen.

Ein weiteres Argument für kleine Zinsschritte ist, dass es Zeit braucht, bis die volle Wirkung höherer Zinsen die Wirtschaftstätigkeit abkühlt. Seit März 2022 hat die Fed ihre Zinsen um 425 Basispunkte erhöht, darunter vier Mal hintereinander um 75 Basispunkte, zuletzt im Dezember um 50 Basispunkte. Aktuell liegt die Leitzinsspanne bei 4,25 bis 4,50 Prozent. Die Zinsentscheidung wird am Mittwoch (20.00 Uhr) bekannt gegeben.


   Deutsches BIP stagniert im vierten Quartal - oder doch nicht? 

Zu den Konjunkturdaten: Das Statistische Bundesamt (Destatis) veröffentlicht am Montag (10.00 Uhr) eine erste Schätzung zum BIP im vierten Quartal. Vor zwei Wochen hatten die Statistiker in einer ersten Schätzung mitgeteilt, dass das BIP 2022 real und kalenderbereinigt um 2,0 Prozent gestiegen sei. Diese Schätzung beruhte auf der Annahme, dass das BIP im vierten Quartal auf dem Niveau des Vorquartals stagniert hat. Eine Änderung ist aber durchaus möglich. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte prognostizieren eine Stagnation.


   Euroraum-Wirtschaftswachstum im vierten Quartal abgeschwächt 

Die Wirtschaft des Euroraums dürfte im vierten Quartal nicht mehr gewachsen sein. Zwar hatten sich die Rahmenbedingungen der Industrie wegen niedrigerer Energiepreise und besser funktionierender Lieferketten etwas gebessert, doch waren die Aussichten im Herbst 2022 insgesamt noch unsicher und auch der private Konsum von hohen Energierechnungen und allgemeiner Unsicherheit gebremst. Von Dow Jones Newswires befragte Volkswirte erwarten, dass das BIP gegenüber dem Vorquartal um 0,1 (3. Quartal: plus 0,3) Prozent gesunken ist. Die Daten werden am Dienstag (11.00 Uhr) veröffentlicht.


   Euroraum-Inflation sinkt im Januar etwas 

Der Inflationsdruck im Euroraum dürfte zu Jahresbeginn marginal zurückgegangen sein. Volkswirte erwarten, dass die Verbraucherpreise mit einer Jahresrate von 9,1 (Dezember: 9,2) Prozent gestiegen sind. Diese Prognose ist aber mit einiger Vorsicht zu genießen, weil der Nettoeffekt wegfallender staatlicher Hilfen etwa in Frankreich und Italien und zu Jahresbeginn anstehender Preiserhöhungen sowie eines veränderten Warenkorbs schwer vorherzusehen ist.

Zudem dürften die Erwartungen noch stark von den deutschen Zahlen beeinflusst werden und die ihrerseits von den stark saisonalen Pauschalreisepreisen. Deshalb ist die Unsicherheit mit Blick auf die Kerninflation besonders hoch. Eurostat veröffentlicht die Daten am Mittwoch (11.00 Uhr), die deutschen Daten kommen am Dienstag (14.00 Uhr).


   US-Jobwachstum verliert weiter an Dynamik 

Das Stellenwachstum auf dem US-Arbeitsmarkt dürfte im Januar weiter an Schwung verloren haben. Ökonomen rechnen nach dem Factset-Konsens mit einem Plus von 180.000 (Dezember: 223.000) zusätzlichen Stellen. Die Arbeitslosenquote soll der Prognose zufolge auf 3,6 (3,5) Prozent steigen. Bei den Stundenlöhnen erwarten die Ökonomen ein monatliches Plus von 0,3 (0,3) Prozent. Das Arbeitsministerium veröffentlicht die Daten am Freitag (14.30 Uhr).

Mitarbeit: Andreas Plecko

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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January 27, 2023 10:11 ET (15:11 GMT)