Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Mit einem vom Kabinett in Berlin beschlossenen "Fondsstandortgesetz" soll Deutschland "attraktiver und wettbewerbsfähiger" als Fondsstandort werden und die Start-up-Szene so unterstützen. Das hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach der Kabinettssitzung betont. "Gerade in dieser schwierigen Zeit ist es wichtig, die Innovationskraft unserer Wirtschaft zu sichern und auszubauen", hob er hervor. Insbesondere die lebendige Start-up-Szene in Deutschland erhalte durch die neuen Regeln "einen wichtigen Anschub". Der Koalitionspartner Union mahnte allerdings Nachbesserungen an, und aus der Opposition kam scharfe Kritik.

Ziel sei es, international eine Spitzenposition einzunehmen. Deshalb unterstütze man Gründungswillen und Engagement in zukunftsfähigen Geschäftsfeldern und stärke die Liquidität junger Unternehmen. "Wichtig ist mir, dass die Beschäftigten auch am Erfolg der Unternehmen teilhaben können", betonte Scholz. So würden künftig Mitarbeiterkapitalbeteiligungen steuerlich gefördert, und der Steuerfreibetrag werde verdoppelt.

Die Bundesregierung wolle das Innovations- und Wachstumspotential der deutschen Wirtschaft steigern, erklärte das Finanzministerium. Mit dem Fondsstandortgesetz sollten wichtige aufsichtsrechtliche und steuerliche Maßnahmen angepackt und unnötige Barrieren abgebaut werden, ohne dabei das vorhandene Schutzniveau zu senken. Neben der Anpassung an europarechtliche Vorgaben enthalte der Gesetzentwurf weitere Vorschläge, um den Fondsstandort Deutschland attraktiver zu gestalten.

Vom Koalitionspartner Union kam allerdings Kritik an den Gesetzesplänen - ebenso wie aus der Opposition. "Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein erster Vorschlag", erklärte die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Antje Tillmann. "Es ist aber schon jetzt klar, dass wir diesen Vorschlag im parlamentarischen Verfahren genau prüfen werden." Rücksprachen mit den Betroffenen ließen vermuten, "dass der Gesetzentwurf nicht weit genug geht".

Deutsche Investmentfonds und Start-ups ständen im internationalen Wettbewerb mit anderen Start-ups. Deshalb sei es wichtig, dass der deutsche aufsichts- und steuerrechtliche Regulierungsrahmen kein Wettbewerbsnachteil sei. "Im parlamentarischen Verfahren werden wir uns dafür einsetzen, dass Deutschland regulatorisch mit anderen Standorten konkurrieren kann", kündigte Tillmann an. Neben schon bestehenden Förderinstrumenten, wie den ERP-Gründerkrediten der KfW, müsse Deutschland für Start-ups noch attraktiver werden.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion, Bettina Stark-Watzinger, nannte die Pläne der Bundesregierung zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung "enttäuschend". Sie blieben weit hinter dem dringend Notwendigen zurück. "Der Anwendungsbereich der neuen Regelung ist zu stark eingeschränkt", monierte sie. Die meisten Start-ups nutzten beispielsweise sogenannte virtuelle Beteiligungsformen, die im Gesetzentwurf überhaupt nicht vorkämen. Größere Start-ups fielen wiederum gar nicht unter die vorgesehenen Bedingungen des Gesetzes.

Die neuen Regelungen sehen unter anderem vor, die Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds auszudehnen. Um die Attraktivität von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen zu erhöhen, wird zudem der steuerfreie Höchstbetrag von derzeit 360 Euro auf 720 Euro angehoben. Insbesondere für Beschäftigte von Start-up-Unternehmen wird in das Einkommensteuergesetz eine Regelung aufgenommen, nach der die Einkünfte aus der Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers zunächst nicht besteuert werden. Die Besteuerung erfolgt erst später.

Im Kapitalanlagegesetzbuch findet nach Angaben des Ministeriums eine weitere Entbürokratisierung für Fondsverwalter statt, indem die Verwendung eines dauerhaften Datenträgers zur Information von Anlegern - soweit nicht durch EU-Recht vorgegeben - sowie zahlreiche Schriftformerfordernisse abgeschafft werden. Auch werden unter anderem die Voraussetzungen zur weiteren Digitalisierung der Aufsicht geschaffen, und die Produktpalette für Fondsverwalter wird erweitert.

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January 20, 2021 08:47 ET (13:47 GMT)