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KARSLRUHE/BERLIN (dpa-AFX) - Die zentralen Maßnahmen der sogenannten Corona-Notbremse des Bundes aus der dritten Pandemie-Welle sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht wies mehrere Klagen ab, die sich gegen die im Frühjahr angeordneten Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sowie Schulschließungen richteten. Die Grundrechtseingriffe seien durch "überragend wichtige Gemeinwohlbelange" gerechtfertigt gewesen, teilte das Karlsruher Gericht am Dienstag mit. (Az. 1 BvR 781/21 u.a.)

Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz (SPD) schalteten sich am Mittag mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder zusammen, um im Lichte der Karlsruher Entscheidungen über die Krise zu beraten.

Scholz stellte dabei nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Generalmajor Carsten Breuer als Leiter des geplanten Krisenstabs zur Corona-Bekämpfung vor. Außerdem sollte über die aktuelle Lage angesichts der drohenden Überlastung der Kliniken und der Ausbreitung der neuen Omikron-Variante des Virus gesprochen werden. Scholz zeigte dabei Sympathien für eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus. Die Abstimmung darüber im Bundestag solle ohne Fraktionszwang stattfinden, sagte Scholz in der Runde, wie die Deutsche Presse-Agentur übereinstimmend aus mehreren Quellen erfuhr.

Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn sah nach der Corona-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Klarheit für weitere Krisenmaßnahmen. "Die Bundesnotbremse war verhältnismäßig, weil der Staat Leben und Gesundheit seiner Bürger schützen musste", sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin mit Blick auf die Gerichtsbeschlüsse. "Das sollte jetzt auch den Parteien Orientierung bieten, die wegen verfassungsrechtlicher Bedenken schärfere Maßnahmen bislang ausgeschlossen haben."

Spahn betonte, der Richterspruch sei jedoch auch kein Freibrief für willkürliche Eingriffe in Grundrechte. Bundesweite Einschränkungen des öffentlichen Lebens müssten zeitlich befristet sein, regional ausdifferenziert werden und sich am Pandemiegeschehen orientieren. "Das sollte jetzt wieder so sein. Wir brauchen entschlossenes staatliches Handeln, um die vierte Welle zu brechen."

Die beiden Beschlüsse des Ersten Senats unter Gerichtspräsident Stephan Harbarth waren die ersten grundsätzlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Freiheitsbeschränkungen in der Corona-Pandemie. Bisher war über die Verfassungsmäßigkeit der verschiedenen Maßnahmen viel gestritten worden.

Formal beziehen sie sich auf den einstigen Maßnahmen-Katalog des Paragrafen 28b, der am 22. April 2021 als "Bundes-Notbremse" ins Infektionsschutzgesetz eingefügt worden war und bis Ende Juni in Kraft blieb. Der Bund wollte damit sicherstellen, dass überall im Land dieselben Maßnahmen greifen, sobald sich die Corona-Lage in einer Region zuspitzt. Das hatte eine Klagewelle ausgelöst.

Im frisch überarbeiteten Gesetz der künftigen Ampel-Koalitionäre sieht der Paragraf anders aus und enthält nun zum Beispiel die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Angesichts der Wucht der vierten Welle und der neuen Omikron-Variante wurde der Ruf nach einer erneuten Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes zuletzt aber immer lauter.

Im Vorfeld der Bund-Länder-Beratungen am Dienstag hatten die unionsgeführten Länder auf konkrete Mindestbeschlüsse gedrungen, um der aktuellen Corona-Lage Herr zu werden. Die sogenannten B-Länder verständigten sich vor den Beratungen an diesem Dienstag auf einen fünf Punkte umfassenden Forderungskatalog mit Schutzmaßnahmen, der etwa die Schließung von Clubs und Bars sowie strikte Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte vorsah. Unklar allerdings, ob es überhaupt Beschlüsse geben werde.

Indes kündigte Hamburg an, Ungeimpfte in der Hansestadt von Samstag an vom Einzelhandel auszuschließen. Sie können dann nur noch in Geschäften des täglichen Bedarfs einkaufen. Darüber hinaus beschloss der rot-grüne Senat am Dienstag, dass ebenfalls von Samstag an in Clubs das 2G-plus-Modell gilt. Besucher müssen dann zusätzlich zu ihren Impf- beziehungsweise Genesenen-Bescheinigungen einen negativen Corona-Test vorlegen. Auch für Großveranstaltungen kündigte Senatssprecher Marcel Schweitzer in Abhängigkeit der laufenden Beratungen mit dem Bund Neuregelungen an.

Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann stellte für sein Bundesland eine scharfe Einschränkung öffentlicher Veranstaltungen in Aussicht. Man werde "ziemlich sicher" regeln, dass Fußballspiele und Sportgroßveranstaltungen nur noch ohne Publikum stattfinden können, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Freizeitbetriebe wie Clubs und Diskotheken werde man schließen. Die Abgabe von Alkohol im öffentlichen Raum solle verboten werden, sofern sich die Lage auf den Intensivstationen nicht bessere. Kretschmann sagte, dass man diese weitergehenden Maßnahmen in dieser Woche beschließen wolle. Die neue Verordnung für Baden-Württemberg solle am Donnerstag in Kraft treten./sem/DP/eas