Frankfurt (Reuters) - Aus Sicht des niederländischen Notenbankchefs Klaas Knot darf die EZB angesichts der anhaltend hohen Inflation von ihrem Zinserhöhungskurs nicht verfrüht abrücken.

"Ich denke, das Risiko zu wenig zu tun, ist klarerweise mehr ausgeprägt, als zu viel zu tun", sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) am Montag auf einer Podiumsdiskussion in Paris. Die Währungshüter befänden sich mit ihrer Zinspolitik immer noch in einer relativ frühen Phase, in der sie die Konjunktur lediglich weniger fördere und die Wirtschaftsaktivität noch nicht bremse. "Dann vom Risiko einer zu starken Straffung zu sprechen ist daher ein bisschen wie ein Witz", merkt Knot an.

Die EZB hatte im Kampf gegen die hohe Inflation im Juli die Zinswende eingeleitet und die Schlüsselsätze seitdem in drei Schritten um insgesamt zwei Prozentpunkte angehoben. Der Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder bei der Notenbank bekommen, liegt damit inzwischen bei 1,5 Prozent. Dieser an den Finanzmärkten aktuell maßgebliche Zinssatz hatte im Juni noch bei minus 0,50 Prozent gelegen.

"Meine Sorge ist immer noch: Inflation, Inflation, Inflation", sagte Knot. Man müsse sich nur in der Geschichte anschauen, was erforderlich sei, um prozentual zweistellige Inflationsraten wieder auf zwei Prozent zu senken. "Wir dürfen nicht zu früh aufgeben und dürfen nicht zu früh den Sieg ausrufen", merkte er an. Die Teuerungsrate war im Euro-Raum im Oktober auf den Rekordwert von 10,6 Prozent geklettert - das höchste Niveau seit Einführung des Euro. Die Rate liegt damit mehr als fünfmal so hoch wie die Zielmarke der EZB von zwei Prozent Inflation, was sie als Optimalwert für die Wirtschaft erachtet.

"Wir werden ein schwächeres Wachstum bekommen, das ist sicher", sagte Knot. "Aber wir brauchen auch schwächeres Wachstum, um die Inflation zurück zum Ziel zu bewegen." Knot zufolge muss die Wirtschaft im Euro-Raum nicht notwendigerweise in eine Rezession rutschen. "Es ist noch keine ausgemachte Sache, dass wir eine Rezession bekommen werden", sagte er. Es habe zuletzt nicht nur schlechte Nachrichten zum Wachstumsthema gegeben. Zum Beispiel schlage sich die Wirtschaft in Deutschland besser im Vergleich zu dem, was befürchtet worden sei.

Trotz Rekordinflation und Lieferengpässen war das Wirtschaftswachstum hierzulande im Sommer stärker ausgefallen als zunächst angenommen worden war. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg in der größten Volkswirtschaft der Euro-Zone von Juli bis September um 0,4 Prozent zum Vorquartal. In einer ersten Schätzung hatte das Statistische Bundesamt lediglich 0,3 Prozent gemeldet. Insbesondere Verbraucherinnen und Verbraucher kurbelten mit ihren Ausgaben das Wachstum spürbar an.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)