BERLIN (dpa-AFX) - Armin Laschet, Friedrich Merz oder doch Norbert Röttgen? Fast ein Jahr nach der Rückzugsankündigung von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer will die CDU an diesem Samstag auf einem digitalen Parteitag ihren neuen Vorsitzenden wählen. Die Ausgangslage ist extrem unklar. Auch in der CDU gab es bis kurz vor der Entscheidung kein Stimmungsbild, das seriöse Rückschlüsse auf den Ausgang dieser nicht nur für die Partei so schicksalsträchtigen Abstimmung zuließ. Denn Fakt ist, dass der Sieger am Ende bei der Kür des Kanzlerkandidaten der Union eine ganz entscheidende Rolle spielen wird.

Die besten Chancen dürften sich wohl Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Laschet und der frühere Unionsfraktionschef Merz ausrechnen. Doch auch der Außenpolitiker Röttgen, der im Kampf um den CDU-Vorsitz lange Zeit als Außenseiter galt, hat zuletzt aufgeholt. Es gilt als wahrscheinlich, dass der künftige CDU-Chef die erforderliche absolute Mehrheit noch nicht im ersten Wahlgang erreicht und eine Stichwahl nötig wird.

"Dieser Parteitag wird durch die Wahl eines neuen Vorsitzenden - der möglicherweise Kanzlerkandidat der Union und möglicher Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird - die 20er Jahre dieses Jahrhunderts, die Zeit nach der Ära Angela Merkel, maßgeblich vorprägen", sagte CDU-Vize Thomas Strobl der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). In Baden-Württemberg sehe er eine Mehrheit für Merz.

Auch der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, wünscht sich Merz als neuen Parteichef. Dieser stehe für Unterscheidbarkeit zu den anderen Parteien, sagte Kuban dem Fernsehsender Phoenix.

Wegen der Corona-Krise findet der CDU-Wahlparteitag erstmals rein digital statt. In Deutschland hat es zwar bereits digitale Parteitage gegeben, etwa bei den Grünen und der CSU, dort fanden aber keine Personalwahlen statt. Die 1001 CDU-Delegierten betreten damit also in jedem Fall Neuland. Nach der Wahl des neuen Vorsitzenden wird bis auf Generalsekretär Paul Ziemiak auch die komplette CDU-Führungsspitze online neu gewählt.

Im Parteitagsstudio auf dem Berliner Messegelände ist wegen der Corona-Pandemie nur der engste Führungszirkel um Kramp-Karrenbauer und Generalsekretär Paul Ziemiak anwesend. Gäste und Journalisten sind wegen der Pandemie nicht zugelassen.

Bevor die Delegierten ihre digitalen Stimmzettel abgeben können, haben die drei Kandidaten nochmals je 15 Minuten Zeit, um für sich zu werben. Im Anschluss dürfte die Wahl sehr schnell gehen, da die Auszählung der Stimmzettel anders als bei klassischen Präsenzparteitagen sehr schnell geht. Bereits gegen Mittag werden erste Ergebnisse erwartet.

Zum Auftakt des Parteitages am Freitagabend hatte Kramp-Karrenbauer die CDU zum Zusammenhalt im Superwahljahr 2021 aufgerufen: "Unterstützen wir geschlossen den neuen Vorsitzenden der CDU", sagte sie in ihrer kurzen Abschiedsrede.

Für große Aufmerksamkeit auch in sozialen Netzwerken sorgte Kanzlerin Angela Merkel in ihrem Grußwort, als sie dazu aufrief, ein "Team" zu wählen, "das die Geschicke unserer stolzen Volkspartei in die Hand nimmt und dann gemeinsam mit allen Mitgliedern die richtigen Antworten für die Aufgaben der Zukunft findet". Viele verstanden dies als Wahlempfehlung für Laschet, der schon angekündigt hat, im Falle seines Sieges Gesundheitsminister Jens Spahn zu einem seiner Stellvertreter machen zu wollen.

Auch wenn die Personalfrage in der CDU an diesem Samstag endlich ein Ende findet, Ruhe dürfte in der Partei deshalb aber noch nicht einkehren. Denn in der Union muss in den kommenden Monaten noch ein Kanzlerkandidat gekürt werden. Traditionell wird die Personalie zunächst von den Chefs der beiden Unionsparteien vorbesprochen, anders als in der Vergangenheit sehen in der Frage aber viele in der Union und auch darüber hinaus in CSU-Chef Markus Söder als Favoriten.

Söder selbst hat es in den vergangenen Monaten geschickt vermieden, sich direkt zu seinen Ambitionen zu äußern. Auch bei seinem Grußwort auf dem Parteitag am Freitagabend betonte er, dass die Union zunächst neue Antworten auf die programmatischen Fragen für die kommenden zehn Jahre finden müsse, wenn sie bei der Bundestagswahl am 26. September eine Chance haben wolle. Das aktuelle Umfragehoch dürfe nicht für das Gefühl einer falschen Sicherheit sorgen.

Zuletzt hatte sich angedeutet, dass die Union ihren Kanzlerkandidaten erst nach den wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 14. März küren wird./sk/DP/mis