Von Andreas Kißler

KÖNIGSWINTER (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7) die Absicht der G7 betont, der Ukraine Budgethilfen zu geben. "Es geht darum, die Zahlungsfähigkeit des ukrainischen Staates sicherzustellen", sagte Lindner zu Beginn des offiziellen Teils der Tagung auf dem Petersberg in Königswinter bei Bonn. "Es ist eine signifikante Größenordnung, die benötigt wird." Der ukrainische Premierminister werde der Sitzung zugeschaltet, kündigte Lindner an. Zu den Gesprächen lieferten Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank ein "Zahlentableau".

Deutschland führt derzeit den Vorsitz bei den G7, Lindner ist Gastgeber des bis Freitag dauernden Treffens. Nach Angaben aus dem Finanzministerium sind Budgethilfen von 5 Milliarden Euro monatlich für zunächst drei Monate im Gespräch, überwiegend als Zuschüsse. Nachdem es aus dem USA bereits eine Zusage von 7,5 Milliarden Dollar an kurzfristigen Zuschüssen gibt, bemühe man sich jetzt um weitere Zusagen. Lindner kündigte an, den deutschen Beitrag werde er irgendwann zwischen dem Beginn der Sitzung und dem Ende der am Donnerstag in Berlin stattfindenden Bereinigungssitzung des Bundestagshaushaltsausschusses benennen.

Ein Schwerpunkt der Beratungen sollen zudem die langfristigen Wachstumsperspektiven in den G7-Staaten sein. Bei einer Erörterung mit Wissenschaftlern soll auch die Inflationsentwicklung im Vordergrund stehen und die Rolle von Geld- und Fiskalpolitik diskutiert werden. "Wir müssen die internationale Finanzstabilität sicherstellen, insbesondere in Zeiten von Inflation", sagte Lindner. "Es geht darum, Druck von den Preisen zu nehmen."

Laut Lindner soll beraten werden, was in den jeweiligen Verantwortungsbereichen unternommen werden könne, "um Stagflationsszenarien zu vermeiden". Das sei natürlich eine Aufgabe der Notenbanken, man sehe aber auch eine Aufgabe für die Fiskalpolitik. Diese müsse das Wachstum stärken und unter anderem die Produktionskapazitäten ausweiten. "Es darf in keinem Fall zu einer fiskalischen Dominanz kommen, also, dass gewissermaßen die Notenbankpolitik ins Schlepptau der Staaten genommen wird, weil die Defizitsituation die Handlungsfähigkeit der Zentralbanken beschneidet", betonte der Bundesfinanzminister.

Weitere Themen sollen die geplante internationale Mindeststeuer und die Adressierung von Schuldenstandsproblemen sein. "Unsere Sorge gilt den Schwellen- und Entwicklungsländern mit einer sehr hohen Verschuldungsquote", sagte Lindner. China wolle man in diesem Zusammenhang "an seine Verantwortung erinnern". Laut Bild-Zeitung will Lindner den Druck auf China erhöhen, Ländern die Schulden zu erlassen, und seine G7-Amtskollegen zu einem gemeinsamen Vorgehen gegenüber China überzeugen.

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May 19, 2022 03:46 ET (07:46 GMT)