Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Im Bundesfinanzministerium erhofft man sich von europäischen Treffen Anfang kommender Woche Unterstützung für den von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geplanten Weg, mit einem Nachtragshaushalt 60 Milliarden Euro an nicht verbrauchten Kreditermächtigungen in den Klima- und Transformationsfonds zu verschieben.

"Nahezu alle großen EU-Staaten bringen jetzt Gebäudesanierungsprogramme, Wasserstoffprojekte, E-Mobilitäts-Projekte und auch ganz stark eine Entlastung von Energiekosten auf den Weg", sagte ein hochrangiger Ministeriumsvertreter. Das seien genau die Bereiche, auf die sich auch die Investitionen im Nachtragshaushalt richteten.

"Wir sehen uns mit unseren Maßnahmen europäisch in sehr guter Gesellschaft, alles andere wäre eher ungewöhnlich", sagte er mit Blick auf Kritik der Opposition. "Der internationale Blick täte der innenpolitischen Debatte in Deutschland gelegentlich ganz gut." Durch die jüngsten Zahlen zum deutschen Wachstum und vor allem einer Verlangsamung im vierten Quartal sehe sich die Regierung zusätzlich bestätigt darin, "dass wir weitere Wachstumsimpulse brauchen". Europäisch müsse Deutschland seinen Beitrag dazu leisten, dass es gelinge, Anfang 2023 wieder das Vorkrisenniveau zu erreichen.

Für Lindner wird es der erste Auftritt als Bundesfinanzminister auf der europäischen Bühne, wenn sich am Montag die Finanzminister der Euro-Länder und am Dienstag die der gesamten EU treffen. Er ist aber nicht der einzige neue Minister, sondern nach Angaben aus dem Ministerium nur eines von gleich acht neuen Gesichtern in der EU-Runde.

In der Eurogruppe dürften Lindners Amtskollegen mit Spannung auf die Position zur Reform der Schuldenregeln warten, nachdem der FDP-Politiker bereits für Stabilität geworben hat. Bei dem Treffen aller EU-Minister will Lindner das Arbeitsprogramm des deutschen Vorsitzes bei den sieben führenden Industrieländern (G7) vorstellen.

"Der Minister freut sich sehr auf dieses Format, alle europäischen Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen", sagte der Offizielle dazu. Als deutsche Prioritäten für den G7-Vorsitz im Finanzbereich nannte er eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise, den wirtschaftlichen Transformationsprozess und einen Fokus auf Preisstabilität. Auch bei der Mindestbesteuerung wolle man vorankommen.

Ausdrücklich soll laut den Angaben die Chance genutzt werden, das Zusammenfallen von deutschem G7-Vorsitz und französischer EU-Ratspräsidentschaft, die sehr ähnliche Ziele verfolge, inhaltlich zu "synchronisieren".

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January 14, 2022 09:28 ET (14:28 GMT)