Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der neue Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will noch am Donnerstag mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire zur künftigen europäischen Fiskalpolitik telefonieren und dann am Montag persönlich nach Paris reisen. "Wir haben große internationale Aufgaben vor uns, die wir unmittelbar angehen müssen mit dem Vorsitz bei G7 und insbesondere vor dem Hintergrund des angekündigten Review der Fiscal Rules in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion", sagte Lindner bei der Übernahme der Amtsgeschäfte vom bisherigen Finanzminister und jetzigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Ziel von Telefonat und Reise sei es, "Common ground zu suchen mit unseren französischen Freundinnen und Freunden", kündigte er an. Lindner sprach sich für eine Politik aus, die "fiskalische Stabilität nicht nur dieser Volkswirtschaft, sondern auch darüber hinaus Europas achtet".

Lindner betonte, dass er das Finanzministerium als "Ermöglichungsministerium" sehe. "Ich komme in dieses Haus mit eigenen Vorstellungen und Ideen, aber auch mit großer Demut und Respekt", sagte der neue Finanzminister. Nun gehe es an den Nachtragshaushalt, zu dem Scholz und Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer bereits die wesentlichen Vorarbeiten geleistet hätten, "sodass wir nun in den politischen Vermittlungsprozess eintreten werden". Gatzer bleibe auch unter ihm im Amt, bestätigte Lindner.


   Lindner will Steuerrecht durchsetzen 

Zudem betonte er, die Frage der Steuerehrlichkeit in der "wohl verstandenen Kontinuität" seines Amtsvorgängers Scholz "weiter mit besonderer Vehemenz verfolgen" zu wollen: "Mein Motto ist nicht Steuersätze erhöhen, sondern Steuerrecht durchsetzen." Er sei für jeden Vorschlag dazu offen. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, die bereits grenzüberschreitend geltende Anzeigepflicht von Steuergestaltungen auch auf die nationale Ebene zu übertragen.

Lindner sprach sich außerdem für einen stärkeren Einsatz von Informationstechnologie in den Steuerverwaltungen und mehr digital gestützte Arbeit im Finanzministerium aus. Er habe "die Vision einer klimaneutralen Finanzverwaltung als einen Baustein des Ziels, Klimaneutralität in Deutschland insgesamt zu erreichen".

Außerdem könne es ein wichtiges Anliegen für die kommenden Jahre werden, die Wettbewerbsfähigkeit des privaten Finanzsektors in Deutschland und Europa im globalen Umfeld zu stärken. "Ich glaube, dass der gesamte Finanzsektor, der Kapitalmarktsektor auch ein Wachstumstreiber für unser Land sein kann", erklärte der FDP-Politiker.

Lindner kündigte zudem an, dass neben der parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel und dem parlamentarischen Staatssekretär Florian Toncar (beide FDP) als beamtete Staatsekretäre außer Gatzer noch die Ökonomin Luise Hölscher für den Bereich Steuern, der bisherige EU-Spitzenbeamte Carsten Pillath für den internationalen Bereich und der frühere hessische Staatssekretär Steffen Saebisch (FDP) für die Koordination der Regierungsaufgaben ins Ministerium kommen sollen.

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December 09, 2021 08:39 ET (13:39 GMT)