FRANKFURT (Dow Jones)--Schwach sind Europas Börsen am Donnerstag in den Handel gestartet. Das Protokoll der US-Notenbank ist am Vorabend in Tonfall und Inhalt viel falkenhafter als erwartet ausgefallen. Dort räumt die Fed ein, dass sie die inflationären Risiken in der Vergangenheit falsch eingeschätzt habe. Die Aussicht auf eine schnellere Straffung der Geldpolitik belastet die Aktienmärkte. Der DAX fällt 1,4 Prozent auf 16.050 Zähler, der Euro-Stoxx-50 um 1,8 Prozent auf 4.312 Zähler.

Der DAX zeigt sich damit aber leicht erholt von noch tieferen Kursen: Als Grund führen Händler an, dass Inflationsbekämpfung an sich keine schlechte Sache sei. Die europäischen Rentenmärkte setzen aber angesichts steigender Zinserwartungen ihren Abwärtstrend fort. Tagesverlierer mit 2,9 Prozent Minus ist wie erwartet der Branchen-Index der Technologie- und Wachstumsaktien. Sie gelten als besonders zinsempfindlich.


   Scharfe Töne der US-Notenbank 

Wörtlich heißt es im Protokoll: "Die Teilnehmer stellten allgemein fest, dass es angesichts ihrer individuellen Aussichten für die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Inflation gerechtfertigt sein könnte, den Leitzins früher oder schneller zu erhöhen, als sie zuvor erwartet hatten".

Das Argument der Arbeitsplatzschaffung fällt für die US-Notenbank inzwischen weg: Denn sowohl die Jolts-Daten zu den Offenen Stellen in den USA als auch der ADP-Arbeitsmarktbericht schlugen die Markterwartungen deutlich: Sie wiesen rund eine halbe Millionen mehr neuer US-Beschäftigter aus als erwartet.

Mit Spannung wird daher auf den ISM-Index für den US-Service-Bereich am Nachmittag gewartet. Auch hier dürfte die Job-Komponente kräftig zugelegt haben.

Die ING geht davon aus, dass die US-Notenbank ihre Wertpapierkäufe bereits bis Mitte März beenden wird. Noch vor Jahresende dürfte die Fed mit der Schrumpfung ihrer aufgeblähten Bilanz beginnen. Eine erste Leitzinserhöhung zeichne sich bereits für Mai ab. Derzeit sei mit drei Zinserhöhungen im laufenden Jahr und drei im kommenden Jahr zu rechnen.


   Tatenlose EZB - Deutsche Inflation im Fokus 

Die Verwunderung über die Tatenlosigkeit der EZB angesichts der galoppierenden Inflation steigt damit weiter. Grund dafür sei, dass EZB-Chefin Lagarde mehr eine Politikerin sei, als eine Zentralbankerin, meinen die Strategen von Laburnum Consulting. Die EZB habe eigentlich Geldpolitik für zwei unterschiedliche Wirtschaftsräume zu machen: Den hochverschuldeten Süden und den weniger verschuldeten Norden.

Im Fokus am Donnerstag stehen gerade wegen der Kritik an der EZB die vorläufigen Verbraucherpreise aus Deutschland, heißt es von der Helaba. Im Dezember scheine ein leichter Rückgang der Inflationsrate möglich, nach fünf Anstiegen in Folge auf zuletzt 5,2 Prozent - dem höchsten Wert seit fast drei Jahrzehnten. Entlastung komme aber nur vom leichten Rückgang bei Benzin- und Heizölpreisen.


   Wachstumsaktien kräftig unter Druck 

Unter Druck stehen auch weiter die Aktien der Wachstumsunternehmen. Für die Lieferdienste und Onlinehändler im DAX geht es weiter abwärts. Zalando, Delivery Hero und Hellofresh fallen zwischen 3 und 3,7 Prozent. Auch Chip-Werte wie Infineon verlieren 2,7 Prozent.

Die Finanzwerte werden im Handel als Hauptgewinner des überraschend falkenhaft ausgefallenen Schwenks der US-Notenbank ausgemacht. Höhere Renditen nähmen den Margendruck von der Branche. Mit einem Minus von bis zu 0,4 Prozent stellen Versicherer und Banken derzeit die stärksten Sektoren in Europa. Im DAX klettern Deutsche Bank und Allianz aber sogar bis zu 0,5 Prozent ins Plus.

Für Onlinebroker Flatexdegiro geht es nach Kundenzahlen um über 8 Prozent abwärts. Händler wundern sich darüber, da das Kundenwachstum mit 2,06 Millionen im vergangenen Jahr die Erwartungen erfüllt hat. Zudem hat Berenberg den Titel auf seine "European Mid-Cap Top Picks"-Liste gesetzt und Jefferies die Kauf-Empfehlung bestätigt.

Gea stemmen sich mit 0,7 Prozent Plus gegen den schwachen Markt. Bank of America hat die Titel auf "Kaufen" erhöht.


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Aktienindex      zuletzt  +/- %  absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50   4.311,70  -1,8%   -80,45      +0,3% 
Stoxx-50        3.808,49  -1,5%   -58,11      -0,3% 
DAX            16.049,63  -1,4%  -222,12      +1,0% 
MDAX           35.094,39  -1,5%  -536,72      -0,1% 
TecDAX          3.740,86  -2,3%   -87,54      -4,6% 
SDAX           16.259,97  -1,9%  -309,96      -0,9% 
FTSE            7.443,14  -1,0%   -73,73      +1,8% 
CAC             7.249,29  -1,7%  -127,08      +1,4% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite      -0,10                    +0,03          +0,08 
US-Zehnjahresrendite        1,73                    +0,03          +0,22 
 
DEVISEN                  zuletzt      +/- %  Do, 8:15 Uhr  Mi, 17:53 Uhr  % YTD 
EUR/USD                   1,1297      -0,1%        1,1288         1,1287  -0,6% 
EUR/JPY                   130,74      -0,5%        130,87         130,11  -0,1% 
EUR/CHF                   1,0385      +0,1%        1,0378         1,0371  +0,1% 
EUR/GBP                   0,8369      +0,3%        0,8353         0,8376  -0,4% 
USD/JPY                   115,73      -0,3%        115,92         115,28  +0,5% 
GBP/USD                   1,3499      -0,4%        1,3515         1,3448  -0,2% 
USD/CNH (Offshore)        6,3843      +0,1%        6,3830         6,3735  +0,5% 
Bitcoin 
BTC/USD                42.960,09      -1,1%     43.151,46      46.578,50  -7,1% 
 
ROHÖL                   zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD  % YTD 
WTI/Nymex                  77,59      77,85         -0,3%          -0,26  +3,2% 
Brent/ICE                  80,64      80,80         -0,2%          -0,16  +3,5% 
 
METALLE                  zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD  % YTD 
Gold (Spot)             1.797,69   1.810,30         -0,7%         -12,61  -1,7% 
Silber (Spot)              22,25      22,77         -2,3%          -0,53  -4,6% 
Platin (Spot)             968,51     985,71         -1,7%         -17,20  -0,2% 
Kupfer-Future               4,34       4,41         -1,6%          -0,07  -2,7% 
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January 06, 2022 03:50 ET (08:50 GMT)