Studie: Deutschland hat bei Klimawende vergleichsweise gute
Ausgangsposition
Düsseldorf/New York (ots) -

- McKinsey: Wirtschaftliche Folgen der Klimawende weltweit sehr unterschiedlich
  - Deutschland profitiert von seiner Wirtschaftsstruktur und geografischen Lage
- Umschichtung am Arbeitsmarkt: Bis zu 200 Millionen Arbeitsplätze könnten bis
  2050 weltweit entstehen, während 185 Millionen wegfallen
- Die nächsten zehn Jahre sind ökonomisch entscheidend: Größte
Investitionen
  zwischen 2026 und 2030 notwendig - 275 Billionen Dollar Gesamtinvestitionen
  bis 2050

Das Erreichen der Klimaziele wird weltweit Folgen für alle Staaten und Regionen
haben - allerdings in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Die Ausgangsposition
für Deutschland ist im internationalen Vergleich aber sehr viel besser als die
anderer Länder. Der Umfang des wirtschaftlichen Wandels ist insgesamt erheblich.
Bis 2050 ist weltweit mit Investitionsausgaben für Sachanlagen von rund 275
Billionen Dollar zu rechnen - etwa 9,2 Billionen Dollar pro Jahr. Die gute
Nachricht: Nur 3,5 Billionen Dollar davon sind echte Zusatzinvestitionen. Bei
den übrigen 5,7 Billionen Dollar handelt es sich um Ersatzinvestionen, wenn
beispielsweise emissionsintensive Aktivitäten konsequent zurückgefahren und
emissionsarme Aktivitäten entsprechend ausgeweitet werden. Auch am Arbeitsmarkt
ist eine Umschichtung zu erwarten, wobei bis 2050 etwa 200 Millionen direkte und
indirekte Arbeitsplätze entstehen bzw neu hinzukommen und 185 Millionen durch
den Netto-Null-Umstieg verloren gehen könnten. Unter dem Strich würden damit
weltweit also mehr Arbeitsplätze entstehen, als verloren gehen.

Dies sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie von McKinsey & Company mit
dem Titel "The net-zero transition - What it would cost, what it could bring".
Die neue Studie bietet einen umfassenden Überblick über die globalen
wirtschaftlichen Veränderungen und gesellschaftlichen Anpassungen, die
erforderlich sind, um weltweit bis 2050 Netto-Null-Emissionen bzw. das
1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Analysiert wurde die Entwicklung in 69 Ländern
(darunter auch Deutschland), die rund 85% der Gesamtemissionen weltweit
verursachen.

Schwieriger Übergang für Entwicklungsländer und Rohstoffexporteure

"Im internationalen Vergleich sind Europa und insbesondere Deutschland bei der
Klimawende viel besser aufgestellt als andere Regionen", erläutert
McKinsey-Partner Hauke Engel die Studienergebnisse. "Am schwierigsten wird der
Übergang für Entwicklungsländer und Staaten, die sehr landwirtschaftlich
orientiert sind oder vor allem fossile Rohstoffe exportieren." Deutschland
hingegen zähle zu den wohlhabenden Staaten, die vor allem Sachgüter exportieren
und eine starke Dienstleistungsbranche haben. Auch in puncto Energieeffizienz
und auf Grund der Qualität und Resilienz seiner Infrastruktur sei Deutschland
bereits gut aufgestellt. Zudem sei man durch die Lage in Mitteleuropa absehbar
auch vergleichsweise weniger stark von Wetter- und Klimaextremen wie
Wassermangel, Überflutungen oder Wirbelstürmen betroffen als andere Regionen.

Die nächsten zehn Jahre sind der Studie zufolge ökonomisch für die Klimawende
entscheidend, denn die wichtigsten Investitionen sind in diesem Zeitraum zu
tätigen. Die für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels notwendigen Ausgaben für
"grüne" Sachanlagen würden weltweit von heute 6,8% des globalen
Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf bis zu 8,8 Prozent zwischen 2026 und 2030
steigen, bevor sie von diesem Höchststand wieder zurückgehen. Auch die
Verbraucher könnten bei der Umstellung auf emissionsarme Produkte wie
Elektrofahrzeuge mit Vorlaufkosten konfrontiert werden. Längerfristig sei aber
auch für sie mit sinkenden Kosten zu rechnen.

Die Studie illustriert die unterschiedlichen Ausgangspositionen der untersuchten
Länder beim Erreichen der Klimaneutralität. Der Übergang wird sich sehr
ungleichmäßig auf die einzelnen Volkswirtschaften und Regionen auswirken: Am
stärksten betroffen sind Länder mit niedrigerem Einkommen und solche mit
großen
fossilen Brennstoffressourcen. Dazu zählen bevölkerungsreiche Länder wie
Indien,
Indonesien, Bangladesch und China, aber auch Russland oder die Länder des
mittleren Ostens - Katar, Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate.

Wirtschaftlich betrachtet sind am stärksten vor allem Sektoren mit
emissionsintensiven Produkten oder Tätigkeiten betroffen. Diese machen derzeit
etwa 20% des weltweiten BIP aus. Weitere 10% des BIP entfallen auf Sektoren,
deren Lieferketten hohe Emissionen aufweisen, wie etwa das Baugewerbe. Haushalte
mit niedrigem Einkommen sind der Studie zufolge überall am stärksten von den
kurzfristig steigenden Strompreisen und den Investitionskosten betroffen, die
sie für emissionsarme Produkte wie neue Heizungen oder Elektroautos aufbringen
müssen. Langfristig könnten die Energiekosten unter das heutige Niveau fallen,
weil die Betriebskosten der erneuerbaren Energien niedriger sind -
vorausgesetzt, die Stromerzeuger bauen flexible, zuverlässige und kostengünstige
Netze.

Wachstumschancen und dauerhafte Vorteile

"Ein geordneter Übergang zur Klimaneutralität bietet Wachstumschancen und
dauerhafte Vorteile. Dazu gehören ein langfristiger Rückgang der Energiekosten
und bessere gesundheitliche Rahmenbedingungen für große Bevölkerungsteile",
stellt McKinsey-Partner Hauke Engel fest. Wachstumsbereiche könnten zudem
effizientere Betriebsabläufe durch Dekarbonisierung und die Schaffung neuer
Märkte für emissionsarme Güter sein, insbesondere in Deutschland. Trotz der
absehbar hohen, notwendigen wirtschaftlichen Investitionen und sozialen
Herausforderungen des Übergangs zur Klimaneutralität sei ein 'Weiter-so' keine
ernsthafte Option. Denn die Kosten und Verwerfungen, die entstehen, wenn der
Übergang zu Netto-Null-Emissionen nicht oder in ungeordneter Form vollzogen
wird, wären wahrscheinlich weitaus größer und würden außerdem ein
signifikant
erhöhtes Risiko beinhalten, Klimaextremen ausgeliefert zu sein.

Die McKinsey-Studie kommt zu dem Schluss, dass Regierungen und Wirtschaft zum
Erreichen der Klimaziele enger kooperieren und Planungs- und
Investitionshorizonte verlängert werden sollten. Maßnahmen einzelner Unternehmen
und Regierungen sowie eine koordinierte Unterstützung für schwächere Sektoren,
Länder und Gemeinden könnten die erforderlichen wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Anpassungen erleichtern.

Gleichzeitig seien Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um Risiken zu bewältigen und
Chancen zu nutzen:

- Unternehmen sollten Dekarbonisierungspläne für Scope-1- und Scope-2-Emissionen
  definieren, durchführen und weiterentwickeln und möglicherweise diese Pläne
  auf Emissionen des Bereichs 3 ausdehnen, je nach Art ihrer Tätigkeit.
- Auch Finanzinstitute müssten eine zentrale Rolle bei der Unterstützung einer
  groß angelegten Kapitalumschichtung spielen.
- Regierungen und multilaterale Institutionen könnten bestehende und neue
  politische, Regulierungs- und Steuerinstrumente nutzen, um Anreize zu
  schaffen, gefährdete Akteure zu unterstützen und kollektives Handeln zu
  fördern. Das Tempo und Umfang des Übergangs bedeuten, dass viele der heutigen
  Institutionen weiterentwickelt und neue geschaffen werden müssen, um Best
  Practices zu verbreiten, Standards und Nachverfolgungsmechanismen einzuführen,
  den Kapitaleinsatz in großem Umfang voranzutreiben, ungleiche Auswirkungen zu
  bewältigen und weitere kollektive Maßnahmen zu unterstützen.

Die für die Klimawende in Deutschland benötigten Sachinvestitionen bis 2045
hatte McKinsey zuletzt schon in der Studie "Net-Zero Deutschland" (https://www.m
ckinsey.de/~/media/mckinsey/locations/europe%20and%20middle%20east/deutschland/n
ews/presse/2021/21-09-10%20net%20zero%20deutschland/mckinsey%20net-zero%20deutsc
hland_oktober%202021.pdf) berechnet. Sie setzen sich zusammen aus 1 Billion Euro
Zusatzinvestitionen in "grüne" Sachgüter, z.B. in neue Anlagen, Fahrzeuge und
Wärmetechnik. Hinzu kommen rund 5 Billionen Euro Ersatzinvestitionen. Dabei
handelt es sich um Investitionen, die für den Ersatz bzw. die Instandhaltung
bereits bestehender Infrastruktur, Anlagen und Gebäude ohnehin aufgewendet
werden. "Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sind diese 5 Billionen
Euro zum Zeitpunkt der turnusmäßigen Erneuerung in grüne oder
klimaschonendere
Güter zu investieren, z.B. in ein Elektrofahrzeug statt in ein Fahrzeug mit
Verbrennungsmotor", erläutert Senior Partner Stefan Helmcke, Co-Autor von
"Net-Zero Deutschland" die Berechnungen. Die Gesamtinvestitionen in Höhe von 6
Billionen Euro entsprechen demnach durchschnittlichen jährlichen Investitionen
von rund 240 Milliarden Euro bis 2045 und damit ca. 7% des Bruttoinlandsprodukts
- davon sind 40 Milliarden Euro pro Jahr zusätzliche Investitionen (ca. 1% des
BIP).

Die Studie zum Download finden Sie unter https://mck.de/netzerotransition

Über McKinsey

McKinsey ist eine weltweit tätige Unternehmensberatung, die Organisationen dabei
unterstützt, nachhaltiges, integratives Wachstum zu erzielen. Wir arbeiten mit
Klienten aus dem privaten, öffentlichen und sozialen Sektor zusammen, um
komplexe Probleme zu lösen und positive Veränderungen für alle Beteiligten zu
schaffen. Wir kombinieren mutige Strategien und transformative Technologien, um
Unternehmen dabei zu helfen, Innovationen nachhaltiger zu gestalten, dauerhafte
Leistungssteigerungen zu erzielen und Belegschaften aufzubauen, die für diese
und die nächste Generation erfolgreich sein werden. In Deutschland und
Österreich hat McKinsey Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main,
Hamburg,
Köln, München, Stuttgart und Wien. Weltweit arbeiten McKinsey Teams in mehr als
130 Städten und 65 Ländern. Gegründet wurde McKinsey 1926, das deutsche
Büro
1964. Globaler Managing Partner ist seit 2021 Bob Sternfels. Managing Partner
für Deutschland und Österreich ist seit 2021 Fabian Billing.

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