BERLIN/MOSKAU (dpa-AFX) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat noch einmal mit Nachdruck die sofortige Freilassung des bei seiner Rückkehr aus Deutschland nach Russland festgenommenen Kremlkritikers Alexej Nawalny gefordert. "Wir glauben, dass das absolut richtig wäre und auch sehr dringlich ist", sagte Merkel am Donnerstag in Berlin.

Zuvor hatte sich der Kreml solche Aufrufe als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten verbeten. Der finnische Präsident Sauli Niinistö sprach Nawalnys Inhaftierung bei einem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin an, hieß es in Moskau.

Der Kremlkritiker Nawalny war am Montag nach seiner Rückkehr von Deutschland nach Russland in einem umstrittenen Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Hinter dem Vorgehen der Justiz und hinter einem Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok vom 20. August sieht er ein "Killerkommando" des Inlandsgeheimdienstes FSB unter Putins Befehl. Putin und der FSB weisen die Anschuldigungen zurück. Die EU hat wegen des Anschlags ranghohe Funktionäre in Russland mit Sanktionen belegt.

Merkel und andere Mitglieder der Bundesregierung hatten in den vergangenen Tagen mehrfach die Freilassung Nawalnys gefordert. Der Kreml hatte sich dagegen verwahrt. "Das ist eine innere Angelegenheit der Russischen Föderation, wir erlauben es nicht, sich da einzumischen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Nawalnys Anwälte reichten am Donnerstag Beschwerde gegen das umstrittene Eilverfahren vom Montag ein. Nawalny soll gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, konkret geht es demnach um Meldeverstöße in Russland, während es sich in Deutschland von dem Mordanschlag erholt hatte.

Russlands Generalstaatsanwalt Igor Krassnow bezeichnete Nawalny als "Verbrecher". Der 44-Jährige sei kein "Opfer". Die Behörden lehnen seit Monaten ein Ermittlungsverfahren ab, weil sie bezweifeln, dass Nawalny vergiftet wurde. Mehrere Labors, darunter eins der Bundeswehr, hatte allerdings den Kampfstoff im Blut Nawalnys zweifelsfrei nachgewiesen.

Wegen der Inhaftierung Nawalnys mehren sich in Russland Protestaufrufe im Internet gegen den Machtapparat für diesen Samstag. Medien zufolge stellte die Staatsanwaltschaft den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter, TikTok und anderen Verwarnungen zu, keine Aufrufe zu Protesten zu verbreiten./mfi/DP/nas