Nagel: EZB steht vor dem Risiko ausufernder Inflationserwartungen

Die Europäische Zentralbank muss die Zinssätze weiterhin entschlossen anheben, da die Gefahr groß ist, dass die Inflation auf einem Niveau oberhalb ihres 2%-Ziels stecken bleibt, sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Montag.

Die Inflation in der Eurozone, die bereits über 9 % liegt, wird sich im Laufe dieses Jahres voraussichtlich dem zweistelligen Bereich nähern und bis 2024 über 2 % bleiben. Das ist ein außergewöhnlich langer Zeitraum, der das Risiko erhöht, dass sich das schnelle Preiswachstum verfestigt.

"Das Risiko, dass die langfristigen Erwartungen enttäuscht werden, bleibt hoch", sagte Nagel in einer Rede. "Es sind weitere entschlossene Maßnahmen erforderlich, um die Inflationsrate mittelfristig auf 2% zu senken."

Wenn die Erwartungen nicht mehr verankert sind, verlieren die Unternehmen das Vertrauen in die Bereitschaft der Zentralbank, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, und passen sich mit höheren Lohnzuwächsen an, wodurch das schnelle Preiswachstum fortgesetzt wird.

Die EZB hat ihren Leitzins bereits um 125 Basispunkte auf 0,75% angehoben, die schnellste Zinserhöhung in ihrer Geschichte. Die Anleger erwarten nun, dass der Einlagensatz der EZB im nächsten Jahr über 3 % liegen wird. Das ist der höchste Stand seit 2008, also vor dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise.