Jersualem (Reuters) - Nach dem Aus für die Regierungskoalition in Israel nach nur rund einem Jahr im Amt hat das Parlament den Weg für eine erneute Neuwahl freigemacht.

Die Abgeordneten in der Knesset in Jerusalem stimmten am Donnerstag für eine Auflösung des Parlaments und für eine vorgezogene Wahl am 1. November - die fünfte in weniger als vier Jahren. Ministerpräsident Naftali Bennett sollte noch im Tagesverlauf zurücktreten und Außenminister Jair Lapid dann die Führung einer Übergangsregierung übernehmen. Bennett kündige zudem an, bei der neuen Wahl nicht mehr anzutreten, bei der der vorherige Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf ein Comeback hofft.

Der nationalkonservative Bennet - ein Tech-Millionär und ehemaliger Armeekommandeur - erklärte am späten Mittwochabend, seine Regierung habe ein "blühendes, starkes und sicheres Land" hinterlassen. Sie habe gezeigt, dass Parteien von verschiedenen Enden des politischen Spektrums zusammenarbeiten könnten.

Allerdings sahen sich Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid und Bennett von der ultra-nationalistischen Partei Jamina kürzlich dazu gezwungen, Neuwahlen anzustreben. Die Differenzen ihrer Mehrparteien-Koalition aus einem breiten politischen Spektrum vom rechten bis zum linken Flügel konnten nicht mehr überbrückt werden, und die knappe Mehrheit im Parlament ging verloren. Das Regierungsbündnis war im Juni 2021 aus weit rechtsstehenden Parteien sowie Parteien der Mitte, der Linken und einer arabischen Fraktion geschmiedet worden. Die Koalition einte vor allem der Wunsch, Netanjahu vom nationalkonservativen Likud-Block nach zwölf Jahren als Ministerpräsident abzulösen.

Israel steuert nun voraussichtlich auf einen erbitterten Wahlkampf zu. Netanjahu kündigte bereits eine Rückkehr an die Macht an der Spitze seines rechtsgerichteten Likud-Blocks an. "Sie haben Veränderungen versprochen, sie haben von Heilung gesprochen, sie haben ein Experiment durchgeführt - und das Experiment ist gescheitert", sagte Netanjahu vor der Abstimmung im Parlament. Das passiere, wenn man eine falsche Rechte mit einer radikalen Linken zusammenbringe und sie mit der Muslimbruderschaft und einer arabisch geführten Partei vermenge. Zwar sehen Meinungsumfragen den Likud derzeit als stärkste politische Kraft, aber keinen eindeutigen Wahlgewinner. Damit droht Israel inmitten wachsender wirtschaftlicher Risiken und zunehmender regionaler Sicherheitssorgen eine monatelange Zeit politischer Unsicherheit, wie es sie nach früheren Wahlen schon oft gegeben hat.

(Bericht von Dan Williams, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an berlin.newsroom@thomsonreuters.com)