Ein strenger Lehrmeister, Kommentar zu Grenke von Thomas Spengler
Frankfurt (ots) - Kaum hatte der Shortseller Fraser Perring mit seinem
Analysehaus Viceroy Research am vergangenen Freitag den Rücktritt von Wolfgang
Grenke aus dem Aufsichtsrat gefordert, folgte nun die Nachricht, dass der
Firmengründer sein Mandat in dem Gremium vorerst ruhen lässt. Die Personalie ist
aber nicht die einzige Maßnahme, mit der das 1978 gegründete Familienunternehmen
in Baden-Baden versucht, Vertrauen zurückzugewinnen. So soll jetzt doch ein
unabhängiger Wirtschaftsprüfer den Übernahmen von Franchisefirmen in der
Vergangenheit auf den Grund gehen. Der KPMG, die das Zahlenwerk der Grenke auch
regulär testiert, bleibt noch die Aufgabe eines Sondergutachtens. Zudem erwägt
die Leasing- und Finanzierungsgesellschaft, den Ausbau des Franchisegeschäfts
selbst umzukrempeln. Plötzlich kann man sich in Baden-Baden vorstellen, sich
bereits an Franchisefirmen in ihrer frühen Phase zu beteiligen, anstatt wie
zuvor eine konzernunabhängige Gesellschaft vorzuschalten. Die Krise ist ein
strenger Lehrmeister.

Schon über längere Zeit hatten Analysten mehr Transparenz in der Firmenstruktur
gefordert. Der Shortseller Perring hat aber besonders schwere Geschütze
aufgefahren und das Unternehmen etwa mit Bilanzpfusch und Geldwäsche in
Verbindung gebracht. Ob einige der Vorwürfe im Detail belastbar sind, muss sich
noch zeigen. Nicht nur Wolfgang Grenke hat einen Ruf zu verlieren, auch für die
Reputation des Aufsichtsrats steht viel auf dem Spiel. Entpuppte sich auch nur
ein Teil als wahr, wäre das für den Vorsitzenden Ernst-Moritz Lipp,
Ex-Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, eine peinliche Angelegenheit.

Die Investorenschar zeigt sich bislang verunsichert. In einem insgesamt
schwachen Börsenumfeld notierte die Aktie am Montag erneut im Minus. Man muss
also abwarten, inwieweit Grenke künftig in der Lage sein wird, ein neues
Franchisemodell glaubwürdig zu vermitteln.

Auch in der Kommunikation muss das im M-Dax notierte Unternehmen noch
dazulernen. Zwischendurch konnte der Eindruck entstehen, Grenke sei kaum in der
Lage, sich mit einer professionellen Krisenkommunikation der Shortattacke
Perrings zu erwehren. Der Kapitalmarkt ist daher mit einer unerbittlichen Wucht
über die Aktie von Grenke hinweggefegt. Binnen einer Woche hat das Papier mehr
als 40 Prozent an Wert verloren. Wie sich der Kurs weiterentwickelt, dürfte auch
von der nächsten Wortmeldung Fraser Perrings abhängig sein. Die Anleger haben
gelernt, dass von seinen Worten viel abhängt.

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