Bellinzona (awp/sda) - Vor dem Bundesstrafgericht beginnt heute Montag der Prozess gegen den Ex-Topsanierer Hans Ziegler. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Verletzung des Geschäftsgeheimnisses, wirtschaftlichen Nachrichtendienst, sich bestechen lassen und Insidergeschäfte vor. Angeklagt ist auch der frühere Geschäftsführer eines international tätigen Beratungsunternehmens.

Gemäss der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft (BA) soll der bald 69-jährige Ziegler zwischen Dezember 2013 und November 2016 insgesamt 14 Mal interne Unterlagen des OC-Oerlikon-Konzerns an den Mitangeklagten weitergegeben haben. Ziegler war während dieser Zeit Mitglied des Verwaltungsrates der OC Oerlikon.

Auch Dokumentationen des Stahlunternehmens Schmolz + Bickenbach (heute Swiss Steel Holding) sollen in der besagten Zeit durch Ziegler an den fast 57-jährigen Mitangeklagten gelangt sein. In diesem Fall sass Ziegler ebenfalls im Verwaltungsrat und hatte Zugang zu vertraulichen Unterlagen.

Die Informationen sollen dem zweiten Angeklagten bei der Vermittlung und Anbahnung von Firmenverkäufen gedient haben. So war er beispielsweise beim Verkauf des Unternehmens-Segments Vacuum von OC Oerlikon (Verkaufs-Projekt Viking) als Berater der späteren Käuferin, die Atlas Copco, tätig. Er soll von Zieglers Informationen profitiert haben. Die gelieferten Unterlagen leitete der zweite Angeklagte auch innerhalb seiner Firma weiter.

Auf zwei Seiten

Ziegler liess sich vom Mitangeklagten als Berater für dessen Firma rekrutieren. Die OC Oerlikon informierte er nicht darüber. Für seine Rolle im Zusammenhang mit dem Verkaufs-Projekt Viking verlangte Ziegler gemäss BA eine Berater-Entschädigung von rund 138'000 Euro. Die Summe wurde im Oktober 2016 an Zieglers Firma Think&Act als Erfolgsprovision überwiesen.

Das durch seine Verwaltungsratstätigkeiten erlangte Wissen soll Ziegler im eigenen Namen und dem seiner Firma auch für Insidergeschäfte an der Börse genutzt haben. Laut Anklage realisierte er dabei einen Gewinn von total fast 2 Millionen Franken.

Von der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) wurde Ziegler im Juni 2017 zu einer Rückzahlung von 1,4 Millionen Franken verpflichtet. Das ist die grösste Summe, welche die Finma bei Insiderhandel je eingezogen hat.

Die BA will die geforderten Strafmasse anlässlich des Prozesses bekannt geben. Ziegler verbrachte im November 2016 14 Tage in Haft. Wie aus der Anklageschrift hervor geht, wurden Zieglers Telefonanschlüsse und Mail-Accounts überwacht.

Tops und Flops

Ziegler galt viele Jahre schweizweit als Profi-Sanierer und -Verwaltungsrat, der allerdings auch umstritten war. Im Verlauf seiner Karriere war er unter anderem von 1988 bis 1991 Finanzchef der Usego-Trimerco-Gruppe und von 1991 bis 1995 Finanzchef bei Globus.

Mit seinem 1996 gegründeten Beratungsunternehmen, agierte er vor allem als "Feuerwehrmann" bei Unternehmen, die in Schwierigkeiten steckten. Darunter waren Elma Electronic, die Schlatter Holding oder der Modekonzern Charles Vögele. Landesweit bekannt wurde Ziegler 2003, als er kurz vor dem Kollaps zur Erb-Gruppe geholt wurde - als Sanierer aber scheiterte. (Fall SK.2020.36)