Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Der Bundesrechnungshof hat dem Bundesverkehrsministerium (BMVI) einen mangelhaften Umgang mit dem staatseigenen Unternehmen Deutsche Bahn AG vorgeworfen. So sei das Ministerium bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Deutschen Bahn AG nicht gegen einen potentiellen Interessenkonflikt vorgegangen. Außerdem warf der Rechnungsbericht in seinem Jahresbericht dem Ministerium von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei der geplanten Verbesserung des Schienennetzes der Bahn mangelhafte Steuerung und Kontrolle sowie Fehlanreize und Unwirtschaftlichkeit vor.

"Abgeordnete des Deutschen Bundestages und verschiedene Bundesbedienstete sind oder waren zugleich Aufsichtsratsmitglieder der Deutschen Bahn AG (DB AG). Durch diese Doppel- oder Mehrfachfunktionen nimmt das BMVI in Kauf, dass gegenläufige Konzern- und Bundesinteressen von derselben Person vertreten werden", bemängelt der Rechnungshof.

Dabei hätte der Bund dafür zu sorgen, dass Mitglieder der Aufsichtsräte der Bahn und ihrer Töchter ihre Mandate frei von Interessenkollisionen ausüben. Bei mehreren Aufsichtsratsmitgliedern wäre das nicht der Fall gewesen. "Sie nehmen oder nahmen konkurrierende Funktionen bei der DB AG als Empfänger von Bundesmitteln und dem Bund als Geldgeber wahr. Oder sie mussten für die DB AG deren Wettbewerbsinteressen vertreten, hatten als Vertreter des Bundes aber auch Einfluss auf die Marktordnung und den Wettbewerb", heißt es in dem Bericht.

Der Rechnungshof kritisierte, das Verkehrsministerium habe die möglichen Interessenkollisionen weder vorbeugend geprüft, noch haben die betroffenen Aufsichtsratsmitglieder die widerstreitenden Interessen gemeldet. Auch die Bahn ihre Gremien hätten nicht für die nötige Transparenz gesorgt.

"Das BMVI darf die Grundsätze guter Unternehmensführung nicht weiter missachten. Es muss bestehende Interessenkollisionen auflösen und derartige Fälle künftig ausschließen", fordert der Rechnungshof.


   Bund sollte Millionen von Bahn zurückfordern 

Die Behörde warf außerdem der Bahn vor, dass das staatliche Unternehmen Gewinne zurückhalte, da es trotz vertraglicher Verpflichtungen die Gewinne aus seiner Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht jedes Jahr vollständig als Dividende auszahle. Dadurch fehle ein hoher Millionenbetrag für den Erhalt des Schienennetzes.

Der Rechnungshof forderte das Verkehrsministerium dazu auf, dass es die bisher vertragswidrig nicht an den Bund abgeführte Gewinne von der Deutschen Bahn nachfordern und sicherstellen sollte, dass das Unternehmen die für das Schienennetz bestimmten Gewinne jährlich vollständig auszahlt.

Außerdem warf die Behörde dem Ministerium vor, es unterlasse seit Jahren, stichprobenartig die wirtschaftliche Verwendung der Bundesmittel für den Erhalt des Schienennetzes zu kontrollieren. "Damit verzichtet es von vorneherein auf mögliche Rückforderungen, sodass ein unwirtschaftlicher Einsatz dieser Mittel ohne Folgen bleibt", heißt es in dem Bericht.

Kritisch sieht der Rechnungshof außerdem die "Laissez-faire-Haltung" beim Ausbau von Rangierbahnhöfen. Scheuers Haus habe die Umsetzung des Programms nur unzureichend überwacht und greife bei Fehlentwicklungen nicht steuernd ein. Dadurch habe sich das Projekt verlängert und verteuert.

Außerdem warf der Rechnungshof dem Verkehrsministerium vor, es habe 124 Millionen Euro zweckfremd für Straßen und Flughäfen statt für die Schiene verwand. "Haushaltsrechtlich war das zwar zulässig, aber kontraproduktiv mit Blick auf die verkehrs- und klimaschutzpolitischen Ziele des Bundes", heißt es in dem Bericht.

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November 30, 2021 08:57 ET (13:57 GMT)