Zürich (Reuters) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält in der andauernden Corona-Krise an ihrer expansiven Geldpolitik fest.

Eine größere Zurückhaltung bei den Devisenmarktinterventionen wollte SNB-Präsident Thomas Jordan nicht als Signal für eine Straffung verstanden wissen. "Es gibt absolut keine Änderung unserer Geldpolitik", sagte Jordan am Donnerstag in einer Telefonkonferenz. "Die vorsichtigere Sprache bei den Interventionen und die höhere Inflationsprognose sollten nicht als Ausstieg aus der expansiven Politik gesehen werden." Die Notenbank habe keine Angst, ihre riesige Bilanzsumme von nahezu einer Billion Franken weiter auszudehnen.

Die Währungshüter beließen den Leitzins und den Zins auf Sichteinlagen bei der Notenbank bei minus 0,75 Prozent. Gegen eine Aufwertung des Franken wollen sie sich bei Bedarf mit weiteren Devisenkäufen stemmen. Den Franken stuft die SNB trotz einer Abwertung gegenüber den wichtigsten Exportwährungen Euro und Dollar weiterhin als hoch bewertet ein. Im Dezember hatte die Zentralbank noch erklärt, verstärkt intervenieren zu wollen.

"Es gibt eine Veränderung in ihrer Bereitschaft zu intervenieren", sagte Alessandro Bee, Ökonom bei der Großbank UBS. Er sieht das allerdings im schwächeren Franken begründet. "Es spiegelt nur die Tatsache wider, dass der Euro-Franken-Wechselkurs jetzt auf einem Niveau ist, auf dem die SNB nicht mehr bereit ist, zu intervenieren." Aktuell kostet ein Euro rund 1,1050 Franken und damit so viel wie zuletzt im Juli 2019. Der Dollar ist mit etwa 0,9355 Franken so teuer wie letztmals vor acht Monaten.

ANDERE GELDPOLITIK NUR BEI DRASTISCH ANDERER LAGE

Die Corona-Pandemie beeinträchtigt die Wirtschaft weiterhin stark, begründet die SNB ihr Festhalten an der expansiven Geldpolitik. Für eine andere Geldpolitik müsse sich die Konjunkturlage erheblich ändern und die Teuerung deutlich anziehen, sagte Jordan. "Im Moment sehen wir keine Möglichkeit, die Geldpolitik zu ändern, keinen anderen Weg als expansiv zu bleiben, die Wirtschaft zu stützen und die Inflation wieder in den positiven Bereich zu bringen."

Das dreiköpfige SNB-Direktorium hält den Leitzins seit mehr als sechs Jahren historisch tief im negativen Bereich. Um eine wirtschaftsschädliche Aufwertung des in Krisenzeiten als sicherer Hafen gefragten Frankens abzuwenden, setzen sie zudem auf Devisenmarktinterventionen: 2020 kaufte die SNB für 110 Milliarden Franken ausländische Devisen, um die Landeswährung zu schwächen. Die Fremdwährungskäufe der Notenbank sind ein Grund dafür, dass die USA die Schweiz als Währungsmanipulator einstufen.

Die Notenbank geht davon aus, dass die wirtschaftliche Erholung in der Schweiz im zweiten Quartal an Schwung gewinnt, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie weiter gelockert werden und die Beschränkungen nicht erneut verschärft werden. Dieses Szenario sei allerdings mit Risiken behaftet. Die SNB rechnet für die Schweiz im laufenden Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,5 bis drei Prozent. Teuerung ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht: Die Inflationsrate dürfte dieses Jahr bei 0,2 Prozent liegen, im kommenden Jahr bei 0,4 Prozent und 2023 bei 0,5 Prozent.