Berlin (Reuters) - SPD-Fraktionsvize Achim Post hat sich hinter Überlegungen gestellt, die EU-Schuldenregeln auch 2023 noch auszusetzen.

"Angesichts großer Unklarheit in den Wachstumsprognosen aufgrund der Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine und den noch immer spürbaren Nachwirkungen der Corona-Pandemie halte ich den Vorschlag vom EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni zur Aussetzung der EU-Schuldenregeln auch im kommenden Jahr für nachvollziehbar und vernünftig", sagte Post am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Er stellte sich damit gegen Finanzminister Christian Lindner (FDP), der sich zuvor kritisch geäußert hatte.

Post, der auch Generalsekretär der europäischen sozialistischen Parteienfamilie PSE ist, verwies auf die Erfahrungen mit einer flexiblen Fiskalpolitik der vergangenen Jahre. "Diese Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten bleibt wichtig", fügte er hinzu. Da die Kommission damit fiskalpolitische Leitplanken verbinden wolle, sei das vorgeschlagene Vorgehen deshalb "politisch ausgewogen". Post erneuerte zudem seine Forderung nach einer generellen Weiterentwicklung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.

Die EU-Kommission hatte am Montag vorgeschlagen, dass die EU-Staaten auch 2023 noch hohe Schulden machen können. Sie sollten die Obergrenzen zur Neuverschuldung und Gesamtverschuldung erst 2024 wieder einhalten. Während südliche EU-Länder dies fordern, kommt aus einigen anderen EU-Mitgliedstaaten aber auch Kritik.