Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner hält steuerliche Entlastungen über das Jahr 2023 hinaus für nötig.

Zu Beginn der abschließenden Beratungen im Bundestag über den Haushalt für nächstes Jahr sagte der FDP-Vorsitzende, Anreize für mehr Investitionen müsse es auch übernächstes Jahr noch geben. "Wir müssen ja die Konjunktur anschieben", sagte der FDP-Vorsitzende am Dienstag in Berlin. Die Opposition warf ihm vor, viel zu hohe Schulden zu machen und diese in Sondertöpfen zu verstecken.

Es müsse auch im Haushalt 2024 einen sichtbaren steuerlichen Impuls geben, so Lindner. Als passendes Mittel könnten "Superabschreibungen" dienen. Sie sollten eigentlich schon früher eingeführt werden, um Investitionen von Unternehmen und Haushalten etwa in den Bereichen Digitalisierung und Klimaschutz zu forcieren, wurden von der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP dann aber immer aufgeschoben.

Der Bundestag berät noch bis Freitag über den Haushalt für 2023. Der Etatentwurf sieht Ausgaben von 476,3 Milliarden Euro und eine Neuverschuldung von 45,61 Milliarden vor. Damit wird die laut Schuldenbremse zulässige Nettokreditaufnahme voll ausgeschöpft.

"Sie sind der Schuldenbremsen-Umgehungsminister", warf Unions-Vizefraktionschef Mathias Middelberg (CDU) Lindner vor. "Sie machen Schulden, wie kein Finanzminister vor Ihnen." Mit der Zuweisung von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds Ende 2021, dem Sonderfonds zur Modernisierung der Bundeswehr über 100 Milliarden, dem Energiekrisen-Abwehrschirm von 200 Milliarden und der für 2022 geplanten Neuverschuldung von fast 140 Milliarden komme Lindner auf rund 500 Milliarden neue Schulden. "Das ist die höchste Neuverschuldung, die es in dieser Republik je gab." Nur mit Tricks werde rechnerisch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erstmals seit 2019 wieder eingehalten.

Der CDU-Haushaltspolitiker Christian Haase ergänzte, die Neuverschuldung für 2023 sei im Laufe der Beratungen von 17 auf 45 Milliarden Euro erhöht worden. "Das hätte man nicht tun müssen." Die vielen Schulden müssten auch erst zurückgezahlt werden, wenn die Ampel schon nicht mehr im Amt sein werde. Lindner konterte, es gebe eine neue Realität durch den Krieg in der Ukraine, die höchste Inflation seit Jahrzehnten sowie die drohende Rezession. Das sei noch nicht überall angekommen.

Steuererhöhungen erteilte Lindner erneut eine Absage. Sie wären gefährlich in der wirtschaftlich unsicheren Lage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. "Deswegen haben wir uns dagegen entschieden." Es brauche in dieser Phase Entlastungen statt Belastungen.

(Bericht von Christian Krämer und Holger Hansen, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)