LONDON (dpa-AFX) - Trotz scharfer Kritik aus den eigenen Reihen hat der britische Premierminister Boris Johnson eine Parlamentsabstimmung über eine umstrittene Sozialreform knapp gewonnen. Allerdings brachten die Tories das Gesetz am späten Montagabend nur mit 26 Stimmen Mehrheit durch das Unterhaus - dabei haben sie eigentlich ein Plus von 77 Sitzen.

Die Reform sieht eine Obergrenze von 86 000 Pfund (gut 102 000 Euro) vor, die Menschen für ihre Pflege selbst aufbringen müssen. Nach Ansicht der Opposition, aber auch vieler Tory-Abgeordneter werden dadurch ärmere Menschen deutlich schlechter gestellt als wohlhabendere. Viele müssten vermutlich ihre Häuser verkaufen - genau das hatte Johnson stets ausgeschlossen.

Die Zeitung "Daily Mirror" berichtete, dass einige Abgeordnete von Johnsons konservativer Partei kurz vor der Abstimmung noch bei einem Dinner mit Tory-Spendern Champagner getrunken hätten. Um einen Tisch bei dem Event zu buchen, seien 15 000 Pfund aufgerufen worden. Der stets gut informierte "Sun"-Reporter Harry Cole twitterte, ein Abendessen mit Finanzminister Rishi Sunak sei für 35 000 Pfund versteigert worden, ein Karaokeabend mit Außenministerin Liz Truss für 22 000 Pfund.

Johnson steht ohnehin schwer unter Druck, seitdem er am Montag eine auch für seine Verhältnisse äußerst bizarre Rede gehalten hatte. Vor Wirtschaftsvertretern verglich er sich mit Moses, lobte minutenlang einen Peppa-Wutz-Themenpark und verlor vorübergehend den Faden. In einem TV-Interview wurde Johnson später gefragt, ob es ihm gut gehe. Tory-Abgeordnete verurteilten die Rede als "peinlich" und "chaotisch."/bvi/DP/eas