Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte sich nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel bei einer künftigen Straffung ihrer Geldpolitik an die derzeit kommunizierte Reihenfolge halten und ihre Zinsen erst nach dem Ende der Nettoanleihekäufe anheben. Bei einer Konferenz in Frankfurt plädierte Schnabel außerdem dafür, nach dem Ende des Pandemiekaufprogramms PEPP einen "glaubwürdigen Backstopp" gegen das Risiko einer "Fragmentierung" des Euroraums vorzuhalten.

"Die Umkehrung der kommunizierten Reihenfolge der Instrumente ist unter diesen Umständen keine angemessene politische Reaktion", sagte Schnabel laut veröffentlichtem Redetext. EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann hatte kürzlich gesagt, dass er sich durchaus eine Zinserhöhung vor dem Ende der Nettokäufe vorstellen können. Schnabel hielt dem entgegen, dass anhaltend hohe Käufe trotz drohender Risiken für die Preisstabilität, nur um einen Anstieg der langfristigen Renditen zu vermeiden, zu fiskalischer und finanzieller Dominanz führen würde.

Die EZB müsste Schnabel zufolge bei Risiken für die Preisstabilität handeln, und zwar ohne Rücksicht auf Finanzierungsbedürfnisse. "Sollten sich beispielsweise die Inflationserwartungen als Reaktion auf eine anhaltende Periode mit einer Inflation oberhalb unseres Ziels lösen, selbst wenn dies auf negative Schocks auf der Angebotsseite zurückzuführen ist, würde dies eine Verkürzung des Zeithorizonts erfordern", sagte sie.

Die EZB habe im Dezember 2020 trotz einer mittelfristigen Inflationsprognose von nur 1,4 Prozent ihre Anleihekäufe nicht erhöht, sondern sich auf die Sicherung günstiger Finanzierungsbedingungen verlegt. Sie habe ihren mittelfristigen Horizont, innerhalb dessen sie Preisstabilität erreichen wolle, einfach verlängert und damit Risiken für die Finanzstabilität entgegengewirkt. Umgekehrt müsse sie nun auch zu einer Verkürzung des Horizonts bereit sein.

"In diesem Fall darf die Geldpolitik nicht als Geisel der fiskalischen oder finanziellen Dominanz genommen werden - das heißt, selbst wenn die Finanzmärkte empfindlicher auf geldpolitische Änderungen reagieren, müssen die Zentralbanken Wege finden, um die Preisstabilität zu sichern, ohne die Finanzstabilität zu gefährden", sagte Schnabel.

Sie wies aber auf das Risiko hin, dass "überraschende geldpolitische Entwicklungen" in einigen Ländern zu einer ungewollt deutlichen Straffung der Finanzierungsbedingungen führen könnten. "Ein glaubwürdiger Backstopp, der dazu dient, solchen Fragmentierungsrisiken entgegenzuwirken, kann dazu beitragen, vor ungeordneten Bewegungen zu schützen und es der Zentralbank so ermöglichen, sich auf ihr Preisstabilitätsmandat zu konzentrieren", sagte Schnabel. Das PEPP habe im Verlauf der Pandemie effektiv eine solche Backstopp-Funktion erfüllt.

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December 08, 2021 09:16 ET (14:16 GMT)