Frankfurt (Reuters) - Die Anleger an den Aktienmärkten haben die Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse verdaut und wagen sich wieder aus der Deckung.

Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant EuroStoxx50 zogen am Dienstag um jeweils rund zwei Prozent auf bis zu 15.224 und 4197 Zähler an. Die wichtigsten US-Indizes lagen ebenfalls im Plus. Die Kombination aus der Rettung der Credit Suisse, Stützungsmaßnahmen der Notenbanken und die Aussicht auf ein geringeres Tempo bei den Zinserhöhungen der US-Notenbank lockten Anleger zurück an die Märkte, sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research. "Angesichts der jüngsten Kursrückschläge könnten sich insbesondere Schnäppchenjäger verstärkt auf die Pirsch begeben."

Die Investoren setzen darauf, dass die US-Notenbank Fed bei ihrem Zinsentscheid am Mittwoch den Fuß vom Gas nimmt. Die meisten Marktteilnehmer gehen aktuell von einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte aus, viele Analysten sprechen auch von einer möglichen Zinspause. "Das Letzte, was die Fed tun will, ist, Chaos auf den Märkten zu verursachen. Und das Beste, was sie jetzt tun könnte, wäre eine Pause einzulegen und das Thema im Mai wieder aufzugreifen", sagte Peter Cardillo, Chefökonom beim Investitionsberater Spartan Capital Securities. Die in den USA aufgetretenen Probleme von Regionalbanken wie der in die Pleite gerutschten Silicon Valley Bank (SVB) zeigten die Folgen der rasant angehobenen Zinsen zur Bekämpfung der Inflation.

"SICHERE HÄFEN" WENIGER GEFRAGT

Auch an der Wall Street legten die großen US-Banken zu. Nach dem Absturz auf ein Allzeittief am Vortag zogen die ins Rampenlicht gerückten Aktien der US-Regionalbank First Republic um mehr als 40 Prozent an. JPMorgan und andere US-Großbanken sprechen einem Zeitungsbericht zufolge über Hilfen für das angeschlagene Geldhaus. Die Rivalen PacWest und Western Alliance gewannen jeweils mehr als 16 Prozent. Die Papiere von Großbanken wie JP Morgan, Citigroup und Bank of America rückten um bis zu 3,7 Prozent vor.

Die weiter schwindende Furcht vor einer Ansteckung im Bankensektor bremste die Nachfrage nach sicheren Anlagen aus. Im Gegenzug zog die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe auf 2,242 Prozent von 2,099 Prozent am Vortag an. Die US-Bonds mit der gleichen Laufzeit rentierten mit 3,545 Prozent nach zuvor 3,477 Prozent. Der Dollar-Index, der den Wert des Greenbacks gegenüber anderen wichtigen Währungen misst, gab 0,2 Prozent auf 103,08 Punkte nach. Der Preis für Gold bröckelte um 1,3 Prozent auf 1953 Dollar je Feinunze ab. Die Ölpreise schlugen unterdessen einen Erholungskurs ein. Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich um 1,4 Prozent auf 74,83 Dollar pro Barrel (159 Liter), die leichte US-Sorte WTI kletterte um 1,5 Prozent auf 68,65 Dollar pro Barrel.

MÖGLICHER VERKAUF DER STAHLSPARTE TREIBT THYSSENKRUPP AN

Bei den Einzelwerten trieb die Aussicht auf den Verkauf der Stahlsparte Thyssenkrupp-Aktien. Die Titel zogen um gut fünf Prozent an. Das "Handelsblatt" berichtete, die mit dem Verkauf beauftragte Investmentbank Goldman Sachs habe mit dem Finanzinvestor CVC einen möglichen Käufer gefunden. "CVC kann jetzt neue Dynamik in dieses wichtige Thema bringen", sagte ein Händler. Positiv nahmen Anleger auch den Ausblick von RWE auf. Die Titel des Energiekonzerns verteuerten sich nach der Zahlenvorlage um mehr als zwei Prozent. Nach Zuwächsen will der Versorger im neuem Geschäftsjahr operativ an das Ergebnis von 2022 anknüpfen.

(Bericht von Zuzanna Szymanska und Stefanie Geiger, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)