Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich verwundert über die Konzentration einzelner deutscher Firmen auf den chinesischen Markt geäußert.

"Mich wundert (...), wie abhängig sich manche Unternehmen von einzelnen Märkten gemacht und die Risiken dabei völlig ignoriert haben", sagte Scholz dem Magazin "Focus" in einem am Freitag veröffentlichten Interview. "Für mich bedeutet das auch, in Bezug auf Rohstoffe, etwa bei Lithium oder Kobalt, aktiver zu werden", fügte er mit Blick auf die Rohstoff-Abhängigkeit etwa von China hinzu. "Auch beim Bergbau können wir uns eine bequeme Haltung nicht mehr leisten." Hintergrund ist etwa die Debatte, ob auch in Deutschland wieder verstärkt Bergbau betrieben werden soll, um heimische Ressourcen zu nutzen.

Scholz verteidigte erneut die Globalisierung. "Unsere Wirtschaft kann ihre Kraft nur entfalten, wenn sie den ganzen Weltmarkt im Blick behält", sagte er. "Wie wichtig dabei der chinesische Markt ist, bedarf keiner Erklärung." Gleichzeitig gelte aber das Ziel, von niemandem abhängig zu sein. Eine alte Volksweisheit laute, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen solle.

SPD-Fraktionschef Rolf Mutzenich warnte in der Debatte um eine neue China-Strategie der Bundesregierung vor zu viel Konfrontation mit China. "Ich wunsche mir eine inklusive China-Strategie", sagte Mutzenich dem "Spiegel". Man solle bei aller Klarheit der Ansage akzeptieren, "dass ein Land mit 1,4 Milliarden Menschen und einer so hohen Wirtschaftskraft auch das Recht hat, seine Interessen im internationalen System wahrzunehmen". Die kunftige China-Strategie der Bundesregierung musse in der Lage sein, das Land in die internationale Ordnung einzubinden. "Die deutsche Außenpolitik muss sich im Klaren daruber sein, dass das, was wir kunftig von China verlangen, genauso fur Aserbaidschan zu gelten hat. Oder fur Katar, Saudi-Arabien und viele andere Lander, die etwa zu wichtigen Energielieferanten geworden sind." Hintergrund ist die Debatte über den Entwurf einer China-Strategie, den das Auswärtige Amt vorgelegt hatte und der sich nun in der Ressort-Debatte befindet. Der Entwurf ist vor allem zwischen den Grünen und der SPD umstritten.

Zuvor hatte auch SPD-Chef Lars Klingbeil im Reuters-Interview eine Entkoppelung der deutschen Wirtschaft von China abgelehnt, aber eine Reduzierung der Abhängigkeit gefordert. Er hatte zudem gesagt: "Außenpolitik ist mehr als Empörung. Gute Außenpolitik bedeutet auch, sehr harte, konfliktreiche, aber an einigen Stellen dann eben doch konstruktive Gespräche zu führen."

Kanzler Scholz wies erneut die Kritik der Grün- und FDP-geführten Ministerien an dem Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem Betreiberterminal im Hamburger Hafen zurück. "Fast nichts, was dazu öffentlich angemerkt wurde, übersteht einen Faktencheck", sagte der SPD-Politiker. Der Hamburger Hafen sei einer der größten Häfen, der fast vollständig in Staatsbesitz ist. Es sei nur über eine Minderheitsbeteiligung an einem kleinen Terminal verhandelt worden.