BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts von andauernden Belastungen für die Wirtschaft wird die EU in einer Studie aufgefordert, im Handelsstreit mit den USA auf die US-Regierung zuzugehen. Bei den Zöllen liege der Ball im Spielfeld der EU, denn die europäischen Einfuhrzölle lägen eindeutig über den amerikanischen, heißt es in einer Analyse der Stiftung Familienunternehmen. Verfasser ist der Leiter des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), Gabriel Felbermayr.

Dies gelte im Durchschnitt und besonders im Agrarbereich. "Die EU sollte an einer nachhaltigen handelspolitischen Aussöhnung mit den USA interessiert sein." Dies erfordere eine Neuordnung der europäischen Agrarordnung, die die bäuerlichen Einkommen nicht mehr über den Weg von Importzöllen stütze, sondern über modifizierte Direktzahlungen und Leistungsvereinbarungen. Damit wäre die EU in der Lage, im Agrarbereich die Zollbarrieren zu senken. Im Gegenzug wären die USA bereit, die Industriezölle zu eliminieren.

Die EU-Kommission sendet inzwischen neue Kompromisssignale. "Wir haben vorgeschlagen, alle gegenseitigen Zölle für sechs Monate auszusetzen, um eine Verhandlungslösung zu erreichen", sagte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, dem "Spiegel". "Das würde eine notwendige Atempause für die Industrien und Beschäftigten auf beiden Seiten des Atlantiks schaffen."

Ex-Präsident Donald Trump hatte nach seinem Amtsantritt Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren aus Europa erhoben. Die EU hatte daraufhin US-amerikanischen Whiskey, Jeans sowie Motorräder mit Einfuhrabgaben belegt. Zuletzt hatten Handelspolitiker in Washington angedeutet, an den Zöllen festhalten zu wollen.

In der IfW-Studie heißt es, es müsse das beiderseitige Ziel sein, alle Zölle im transatlantischen Warenhandel vollkommen abzuschaffen und dazu ein Abkommen zu schließen, wie es im Sommer 2018 zwischen dem Präsidenten der EU-Kommission Jean-Claude Juncker und dem US-Präsidenten Donald Trump vereinbart worden sei.

Die neue Regierung in den USA unter Präsident Joe Biden biete große Chancen, die transatlantischen handelspolitischen Streitigkeiten beizulegen und die immer noch herrschende Unsicherheit zu reduzieren, heißt es. Einerseits müssten bestehende Konflikte schnellstmöglich ausgeräumt werden - zum Beispiel der Konflikt um Subventionen im Flugzeugbau sowie Streitigkeiten bei Stahl und Aluminium. Andererseits gehe darum, neue Zerwürfnisse erst gar nicht entstehen zu lassen, etwa in der handelspolitischen Absicherung der Klimapolitik. Die Zahl der protektionistischen Maßnahmen, die sich auf Deutschland auswirken, hätten seit 2017 stark zugenommen, heißt es. Für die EU seien die USA mit großem Abstand nach wie vor der wichtigste Partner./hoe/DP/zb