Studie: Gesetzliche Rente reicht im Alter nur für knapp die Hälfte des letzten
Bruttoeinkommens

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Studie: Gesetzliche Rente reicht im Alter nur für knapp die Hälfte des
letzten Bruttoeinkommens (News mit Zusatzmaterial)

27.10.2021 / 10:48
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Vorsorgeatlas Deutschland 2021:

- Gesetzliche Rente ist der Grundpfeiler der Altersvorsorge, kann aber
Lebensstandard bei Weitem nicht sichern
- Wer privat vorsorgt, kann seine Rentenlücke schließen
- Die Riester-Rente erfüllt ihre sozialpolitischen Aufgaben
- Reformen der Altersvorsorge in allen Schichten sind dringend notwendig

Frankfurt am Main, 27. Oktober 2021 - Die gesetzliche Rente bleibt zwar auch
in Zukunft der wichtigste Bestandteil der Altersvorsorge in Deutschland,
jedoch können die Menschen mit ihr den gewohnten Lebensstandard während des
Ruhestands bei Weitem nicht halten. Verlassen sich die 36 Millionen
gesetzlich Versicherten nämlich lediglich auf die staatliche
Altersversorgung, erhalten sie nur 47 Prozent ihres letzten
Bruttoeinkommens. Notwendig wären aber mindestens 60 Prozent. Dies betrifft
zurzeit knapp zwei Drittel der 20- bis 65-Jährigen, die nur über die erste
Schicht vorsorgen. Das ist ein Ergebnis des "Vorsorgeatlas Deutschland
2021", der vom Forschungszentrum Generationenverträge der Universität
Freiburg im Auftrag von Union Investment erstellt wurde. Allerdings können
die rund 20 Millionen Menschen, die zusätzlich für ihr Alter sparen, im
Durchschnitt ihre Rentenlücke schließen. Sie ersetzen mit den ersten beiden
Schichten 63 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens und übertreffen damit
das Ziel für die Sicherung des Lebensstandards. Bezüglich der Verteilung der
Ersatzquote gibt es jedoch deutliche Unterschiede: Insbesondere Männer sowie
Personen mit einem monatlichen Einkommen über 2.000 Euro erreichen trotz der
privaten Altersvorsorge die Grenze nicht. Sie müssen auch in der dritten
Schicht sparen, um im Alter ihren Lebensstandard zu halten.

Der "Vorsorgeatlas Deutschland 2021" gibt auf Grundlage verschiedener
Mikrodatensätze ein nahezu vollständiges Bild über die zukünftige
Situation
der Altersvorsorge in Deutschland auf Basis der aktuell geltenden
Rahmenbedingungen. So werden neben den "klassischen"
Alterssicherungssystemen der ersten Schicht (gesetzliche Rentenversicherung,
Beamtenversorgung, berufsständische Versorgung) und der Vorsorgewege der
zweiten Schicht (Riester-Rente, betriebliche Altersversorgung,
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes) auch das Geld- und das
Immobilienvermögen der Haushalte (dritte Schicht) betrachtet.

Gesetzliche Rente bleibt Grundpfeiler der Altersvorsorge, führt aber
isoliert zu deutlichen Einschränkungen im Alter

"Wer mit allen drei Schichten vorsorgt, ist im Durchschnitt im Alter gut
versorgt. Dafür ist jedoch mehr denn je Eigenverantwortung gefordert. Es
reicht definitiv nicht, sich auf die erste Schicht und damit in erster Linie
auf die gesetzliche Rente zu verlassen", fasst Studienleiter Prof. Dr. Bernd
Raffelhüschen vom Forschungszentrum Generationenverträge die Untersuchung
zusammen. Eine Ausnahme stellen Beamte dar, die im Durchschnitt durch ihre
Pensionsansprüche ausreichend versorgt sind.

Die heute 20- bis 65-Jährigen, die über die gesetzliche Rente abgesichert
sind, erhalten bei Renteneintritt hierüber durchschnittlich 47 Prozent ihres
letzten Bruttoeinkommens (Ersatzquote). Dies liegt deutlich unter der Grenze
von 60 Prozent, ab der der während des Arbeitslebens gewohnte Lebensstandard
ohne Einschränkungen auch in der Rente gehalten werden kann. Zum Zeitpunkt
des Renteneintritts beträgt die durchschnittliche monatliche Rente der
gesetzlich Versicherten in heutiger Kaufkraft 1.449 Euro.

Vorsorge mit der zweiten Schicht kann die Versorgungslücke schließen

Mit Sparanstrengungen in der zweiten Schicht können die Menschen einen
großen Teil ihrer Versorgungslücke schließen. Zu dieser Schicht gehören
die
Riester-Rente mit rund 16 Millionen Verträgen, die betriebliche
Altersvorsorge (bAV) mit 9,4 Millionen Personen und die Zusatzversorgung des
öffentlichen Dienstes (ZÖD), die von 5 Millionen Menschen genutzt wird.

Menschen, die über diese Wege zusätzlich vorsorgen, erreichen im
Zusammenspiel mit der ersten Schicht eine Ersatzquote von durchschnittlich
63 Prozent. "Durch die zusätzliche Vorsorge gelingt im Schnitt eine
Sicherung des Lebensstandards im Alter", sagt Hans Joachim Reinke,
Vorstandsvorsitzender von Union Investment. Selbst die junge Generation, die
besonders von den Rentenreformen der Vergangenheit betroffen ist, erzielt
aus beiden Schichten im Durchschnitt eine Quote von 65 Prozent.

Die Riester-Rente erfüllt ihre sozialpolitischen Aufgaben

Insgesamt 42 Prozent der Riester-Berechtigten haben mittlerweile einen
Vertrag und können damit ihre gesetzliche Rente im Durchschnitt um 14
Prozent des letzten Bruttoeinkommens aufstocken. Dies sorgt im Schnitt für
die Sicherung des Lebensstandards. Von der zusätzlichen Vorsorge profitieren
Menschen aller Einkommensschichten. Insbesondere Niedrigverdiener werden
vergleichsweise überproportional gefördert. Die Beteiligung von Frauen sowie
der 20- bis 34-Jährigen an der Riester-Rente ist mit 57 Prozent bzw. 43
Prozent relativ hoch. Frauen erzielen mit der staatlich geförderten Vorsorge
eine Ersatzquote von 16 Prozent und liegen damit sogar deutlich über der
Quote der Männer (9 Prozent). "Die Studie zeigt, dass das System der
Riester-Rente sozialpolitisch an der richtigen Stelle ansetzt", betont
Reinke.

Die bAV ist in der zweiten Schicht der Vorsorgeweg mit der zweithäufigsten
Beteiligung. Rund 19 Prozent der 20- bis 65-Jährigen haben hierüber
Ansprüche und können damit 15 Prozent des letzten Bruttoeinkommens ersetzen.
Wie die aktuelle Studie allerdings zeigt, ist die Verbreitung sehr
unterschiedlich. Denn die bAV wird überwiegend von größeren Unternehmen mit
entsprechend hohem Lohnniveau aktiv angeboten. Das Ergebnis: Während bei den
Menschen mit einem monatlichen Einkommen von mehr als 2.000 Euro rund 41
Prozent eine betriebliche Absicherung haben, sind es bei einem Einkommen von
monatlich unter 1.100 Euro nur noch knapp 3 Prozent. Auch jüngere Personen
(3 Prozent) und Frauen (15 Prozent) verfügen seltener über eine betriebliche
Absicherung. "Mit diesen Zahlen wird noch einmal sehr deutlich, dass die bAV
zwar eine gute Vorsorgeform ist. Jedoch erreicht sie nicht alle
Bevölkerungsschichten", unterstreicht Reinke.

Personen mit hohen Einkommen müssen in der dritten Schicht vorsorgen, um
Lebensstandard halten zu können

Obwohl die Menschen mit Ansprüchen aus Schicht 1 und Schicht 2 im
Durchschnitt gut versorgt sind, gilt dies nicht für jeden. So können gut
verdienende Personen aufgrund ihrer großen Lücke aus Schicht 1 trotz
privater Vorsorge in der zweiten Schicht nur 56 Prozent ihres letzten
Bruttoeinkommens ersetzen. Sie müssen daher noch Geld in der dritten Schicht
zurücklegen. Unabhängig vom Einkommen gilt hierbei die Erkenntnis: Wer über
alle drei Schichten vorsorgt, ist mehr als ausreichend abgesichert und
erreicht eine durchschnittliche Ersatzquote von insgesamt 80 Prozent des
letzten Bruttoeinkommens.

Reformen der Altersvorsorge in allen Schichten sind dringend notwendig

Nachdem die 2019 eingesetzte Rentenkommission keine Lösungen gefunden hat,
um die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die gesetzliche Rente
abzufedern, wird der Handlungsdruck noch größer. "Die Rahmenbedingungen der
gesetzlichen Rente mit einer Untergrenze des Rentenniveaus bei 48 Prozent
sowie einer Deckelung der Beiträge auf 20 Prozent können nicht erhalten
bleiben", warnt Raffelhüschen. "Bei einem Festhalten an der doppelten
Haltelinie über das Jahr 2025 hinaus werden die Defizite der gesetzlichen
Rentenversicherung deutlich steigen." Die Stellschrauben zur Lösung des
Problems wären entweder die Erhöhung des Bundeszuschusses oder des
Renteneintrittsalters. Sei dies politisch nicht gewollt, bliebe nur die
Absenkung des Rentenniveaus oder die Anhebung der Beiträge. Dadurch würde
zusätzliche Vorsorge für das Alter noch bedeutender, betont der
Rentenexperte.

"Die nächste Regierung muss sich den Problemen des Rentensystems insgesamt
stellen und Reformen vorantreiben", ergänzt Reinke. Allerdings dürfte die
Durchsetzung der notwendigen Schritte noch einige Jahre in Anspruch nehmen.
"Es ist entscheidend, möglichst schnell dort anzusetzen, wo mit wenig
Aufwand großer Nutzen zu stiften ist. Dies ist insbesondere in der zweiten
und dritten Schicht der Fall", so Reinke. Dann hätte die Regierung mehr
Zeit, um die großen Reformen der gesetzlichen Rente anzugehen. Die
Vorschläge der Finanzindustrie lägen mit dem 5-Punkte-Plan auf dem Tisch.
"Die Nachjustierungen der Riester-Rente müssen unabhängig von den weiteren
Plänen der nächsten Regierung allein deshalb schon angegangen werden, um die
Altersvorsorge der bestehenden 16 Millionen Riester-Sparerinnen und -Sparer
zu verbessern." Eine Einstellung dieses Vorsorgeweges sei keine Option. Das
wäre aus seiner Sicht auch die falsche Botschaft an all diejenigen, die sich
bereits beteiligen, und könnte deren Alterssicherung etwa durch
Betragsfreistellungen gefährden. "Die einfachste, am schnellsten
umzusetzende und effektivste Maßnahme ist die Flexibilisierung der
Garantie", betont Reinke.

In der dritten Schicht sollte die nächste Regierung Fondssparpläne zur
Altersvorsorge mit privaten Rentenversicherungen steuerlich gleichstellen.
Auch sollte der Sparerfreibetrag nach rund 13 Jahren endlich an die
Bedürfnisse der heutigen Zeit angepasst werden, fordert der
Vorstandsvorsitzende von Union Investment. Damit würde langfristiges Sparen
attraktiver. "Die Pläne der Koalitionsparteien hierzu gehen in die richtige
Richtung", so Reinke.


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Zusatzmaterial zur Meldung:

Datei:
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