Berlin (Reuters) - Die Lohnkluft zwischen Frauen und Männern in Deutschland ist einer DIW-Studie zufolge eine der größten in Europa.

Dies gelte allgemein und im Vergleich mit Ländern, in denen ähnlich viele Frauen arbeiten, wie das Berliner Institut am Mittwoch mitteilte. Deutschland hinke hier vor allem den nordeuropäischen Staaten Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden hinterher, kritisierte DIW-Expertin Julia Schmieder. Frauen verdienten in Deutschland 2019 - aktuellere Daten liegen nicht vor - im Schnitt 19 Prozent weniger als Männer. Dieser sogenannte Gender Pay Gap verringert sich seit Jahren in Deutschland kaum.

Die DIW-Analyse zeigt, dass im europäischen Vergleich eine höhere Frauenerwerbsquote meist mit einem größeren Gender Pay Gap einhergeht. Hintergrund ist, dass bei einer hohen Erwerbsquote auch viele gering verdienende Frauen in die Statistik einfließen. Umgekehrt ist der Verdienstunterschied in Ländern mit niedrigen Frauenerwerbsquoten eher gering, weil oft nur die Frauen mit hohem Lohnpotenzial überhaupt arbeiten.

Als Beispiel nennen die DIW-Forscherinnen Italien, das mit einem Gender Pay Gap von 5,5 Prozent nach Luxemburg und Rumänien den drittniedrigsten in Europa hat. Dort ist jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der Frauen erwerbstätig, in Deutschland sind es hingegen fast drei Viertel. Der Aussage "Es ist die Aufgabe des Mannes, Geld zu verdienen, die Frau ist für Haushalt und Familie zuständig" stimmen laut DIW in Italien 34 Prozent der Bevölkerung zu, in Deutschland aber nur 13,5 Prozent.

"Betrachtet man nur die 14 europäischen Länder, deren Frauenerwerbsquote zwischen 70 und 80 Prozent liegt, schneidet Deutschland jedoch nicht besser ab", betonten die DIW-Expertinnen. Auch hier ist der Gender Pay Gap einer der größten, nur Österreich und Estland stünden noch schlechter da. In Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden seien noch mehr Frauen erwerbstätig als in Deutschland, und dennoch sei die Lohnlücke zu Männern oft deutlich kleiner. Die Familienpolitik in Deutschland brauche mehr gleichstellungspolitische Elemente, sagte Schmieder. Sie plädierte dafür, Partnermonate beim Elterngeld auszuweiten, eine Familienarbeitszeit einzuführen und das Ehegattensplitting zu reformieren, "das in seiner jetzigen Form die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt konterkariert".