SEOUL (dpa-AFX) - Die selbst erklärte Atommacht Nordkorea hat nach Angaben des südkoreanischen Militärs eine Kurzstreckenrakete ins offene Meer abgefeuert. Die Rakete sei am frühen Dienstagmorgen von der Provinz Chagang an der nördlichen Grenze zu China abgeschossen worden und in Richtung Japanisches Meer (koreanisch: Ostmeer) geflogen, teilte der Generalstab in Südkorea mit. Wenig später betonte Nordkoreas UN-Botschafter in New York, sein Land habe das unbestreitbare Recht, Waffensysteme jeglicher Art wie die USA und Südkorea zu entwickeln und zu testen.

Unklar war zunächst, wie weit die Rakete flog und um welchen Raketentyp es sich handelte. Die japanische Regierung, die den Raketenstart ebenfalls bestätigte, ging nach Berichten der Nachrichtenagentur Kyodo von einer ballistischen Rakete aus. UN-Resolutionen verbieten Nordkorea den Test solcher Raketen, die je nach Bauart auch einen Atomsprengkopf tragen können.

Pjöngjang treibt seit Jahren die Entwicklung von Raketen voran, die nicht nur Südkorea und Japan treffen, sondern auch Atomsprengköpfe bis in die USA tragen können. Das Land hat sich selbst zu einer Atommacht erklärt. Sein Status wird aber vor dem Hintergrund der Verhandlungen über sein umstrittenes Atomprogramm eher offen gehalten. Die Verhandlungen der USA mit Nordkorea kommen jedoch seit mehr als zweieinhalb Jahren nicht mehr voran.

Der Nationale Sicherheitsrat in Südkorea äußerte wegen des erneuten Raketentests des Nachbarlandes sein Bedauern. Zudem ordnete Präsident Moon Jae In eine "gründlich Analyse" des Versuchsstarts und der jüngsten Erklärungen aus Nordkorea über die Beziehungen zwischen beiden Ländern an.

Die einflussreiche Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un, Kim Yo Jong, hatte vor einigen Tagen die Wiederaufnahme von Gesprächen mit Südkorea einschließlich eines neuen Gipfeltreffens in Aussicht gestellt. Allerdings müsse Südkorea seine feindselige Haltung ablegen. Außerdem warf sie Seoul vor, "doppelte Standards" anzulegen, wenn es um Maßnahmen zur Selbstverteidigung ihres Land gehe.

In Südkorea wurde daher spekuliert, dass der jüngste Raketenstart auch eine Art Test für Südkorea sein könnte. Nordkorea feuerte bereits vor gut zwei Wochen zwei Kurzstreckenraketen ab. Südkoreas Präsident bezeichnete den Test als "Provokation".

Nordkoreas UN-Botschafter Kim Song warf den USA und Südkorea am Montag (Ortszeit) erneut vor, mit zweierlei Maß zu messen, wenn es um Waffenprogramme gehe. Den USA warf Kim bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung vor, eine feindselige Politik gegen sein Land zu verfolgen - was von Washington bestritten wird. Kim rief die USA auf, seine gemeinsamen Militärmanöver mit Südkorea ein für alle Male einzustellen. "Falls die USA eine mutige Entscheidung treffen und ihre feindselige Politik aufgeben, werden wir bereitwillig jederzeit antworten."/dg/DP/men