Zürich (awp) - Die Swiss will nach den anhaltenden Verlusten wegen der Corona-Pandemie ihre Flotte massiv verkleinern und dabei hunderte Stellen streichen. Mittelfristig rechnet die Fluggesellschaft aufgrund der "strukturellen Veränderungen im Markt" mit einen Rückgang der Gesamtnachfrage um rund einen Fünftel.

Auf die Swiss-Angestellten kommen mit den am Donnerstag verkündeten Plänen schwierige Zeiten zu: 650 Vollzeitstellen respektive bis zu 780 Mitarbeitende könnten von Kündigungen betroffen sein, teilte die Lufthansa-Tochter mit. Die Fluggesellschaft habe nun ein Konsultationsverfahren eingeleitet, um möglichst sozialverträgliche Lösungen zu finden.

Swiss-Chef Dieter Vranckx bedauerte an einer Telefonkonferenz den massiven Abbau: Die Swiss habe aber keine andere Möglichkeit. Die Fluggesellschaft hatte bereits im April bei der Präsentationen der Quartalszahlen die Prüfung einer "signifikanten Redimensionierung" angekündigt.

Nun zeigt sich: Die Flotte der 90 eigenen sowie der im Auftrag für Swiss operierenden Flugzeugen von Helvetic Airways soll gegenüber 2019 soll um 15 Prozent reduziert werden.

20 Prozent weniger Stellen

Insgesamt hätte eine solche Flottenverkleinerung eine Reduktion von insgesamt rund 1700 Vollzeitstellen oder über 20 Prozent der Stellen zur Folge. Bereits durch den im vergangenen Jahr eingeleiteten Arbeitsplatzabbau über freiwillige Massnahmen und natürliche Fluktuation werden bis Ende 2021 allerdings rund 1050 Vollzeitstellen wegfallen - 650 Mitarbeitende hätten das Unternehmen in diesem Rahmen bereits verlassen, sagte Vranckx.

Für die verbleibenden 650 Stellen respektive 780 Mitarbeitenden könnte es nun zu Kündigungen kommen. Konkret sollen 200 Stellen beim Bodenpersonal wegfallen, 60 in der Technik, 400 beim Kabinenpersonal und 120 im Cockpit. 2019, also vor Pandemiebeginn, zählte Swiss 7'550 Vollzeitstellen respektive 9'500 Mitarbeitende.

Verkleinerung der Flotte

Die Verkleinerung der Flotte auf der Kurz- und Mittelstrecke würde die Anzahl der Flugzeuge durch die Ausflottung von Maschinen der Airbus A320-Familie und der Reduktion im Wetlease-Bereich von 69 auf 59 reduzieren, so die Swiss. Im Langstreckenbereich beabsichtigt Swiss die Flotte von 31 auf 26 Flugzeuge zu verkleinern, wobei fünf Flugzeuge aus der Airbus-Familie ausser Betrieb genommen werden.

Mit der kleineren Flotte wollen die Swiss-Manager auf den mittelfristigen Nachfragerückgang reagieren: So rechnen sie im Jahr 2023 noch immer mit rund 20 Prozent weniger Buchungen als noch 2019. Überproportional dürfte vor allem die Nachfrage nach den für die Swiss lukrativen Geschäftsreisen abnehmen, so dass die Erträge wohl noch etwas stärker als 20 Prozent schrumpfen würden, sagte Finanzchef Markus Binkert.

Kritik von Arbeitnehmerverbänden

Die Arbeitnehmervertreter reagierten betroffen auf die Nachrichten. Die Gewerkschaft des Kabinenpersonals Kapers sprach in einer Mitteilung von einem der "schmerzhaftesten Tage" in ihrer Geschichte. Der Pilotenverband Aeropers forderte derweil ein "Bekenntnis der Airline zu ihren eigenen Piloten" statt der Auslagerung der Produktion an "Fremdanbieter wie Helvetic".

Die Gewerkschaft VPOD will sich laut Mitteilung im Rahmen des Konsultationsverfahrens nun dafür einsetzen, dass die Swiss ihre "risikoreiche Strategie" nochmals überdenkt. Aktuelle Studien zeigten positive Szenarien für den Luftverkehr. Bereits Ende 2021 könnte ein ähnliches Niveau im Luftverkehr wie vor der Krise erreicht werden, heisst es von der Gewerkschaft.

Für Philipp Hadorn, Präsident der Bodenpersonal-Gewerkschaft SEV-GATA, "verspiele" die Leitung der Swiss mit der "Massenentlassung" das Vertrauen der Mitarbeitenden und der Bevölkerung. Auch der Kaufmännische Verband kritisierte den Zeitpunkt der Restrukturierung gerade nach Zugeständnissen des Bodenpersonals gegenüber dem Unternehmen.

Reaktionen gab es auch aus der Politik. So verurteilte die SP die Massenentlassungen und erinnerte an die im vergangenen Jahr erteilten Corona-Finanzhilfen des Bundes für die Swiss. Sein "tiefes Bedauern" über die Beschlüsse äusserte aber auch Bundespräsident Guy Parmelin auf Twitter.

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