- von Alexander Hübner und Klaus Lauer

Berlin/München (Reuters) - Angesichts des absehbaren Endes der Corona-Krise wächst das Vertrauen der Anleger in die schwer gebeutelte Luftfahrt- und Tourismus-Branche.

Nach der Lufthansa will auch der deutsch-britische Reisekonzern TUI staatliche Hilfen mit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung zurückzahlen. TUI will bei den Anlegern 1,1 Milliarden Euro einsammeln, um eine Kreditlinie der Staatsbank KfW und Bankschulden zu tilgen. Die anziehenden Buchungen machen TUI-Chef Fritz Joussen Mut. "Die Kapitalerhöhung bringt uns einen bedeutenden Schritt nach vorn, und wir können die Potenziale, die sich aus den Lockerungen der Covid-19-Beschränkungen ergeben, besser nutzen", sagte er am Mittwoch. Die Lufthansa meldete bereits Vollzug: Sie hat 2,16 Milliarden Euro bei Investoren eingesammelt; der Staat hat dabei noch einmal 282 Millionen Euro in die Hand genommen.

Mit dem Erlös will die Fluggesellschaft die Stillen Einlagen des staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), von denen sie 2,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen hat, bis Ende des Jahres zurückgezahlt haben - als erster Großkonzern, der in der Corona-Krise Eigenkapital vom Staat erhalten hat. Die ersten 1,5 Milliarden sollen noch im Oktober fließen.

Nach dem Jahreswechsel bliebe nur noch das Aktienpaket des WSF übrig - abgesehen von milliardenschweren Krediten, die die Lufthansa erhalten hat. Der WSF hält nach der Kapitalerhöhung noch 14,1 Prozent an der Lufthansa. Das Paket ist inzwischen knapp eine Milliarde Euro wert - etwa das Dreifache von dem, was der WSF an Eigenkapital hineingesteckt hat.

Mit Spannung war erwartet worden, wie der Staatsfonds sich bei der Kapitalerhöhung verhalten würde. Nun ist klar: Frisches Geld hat er nicht mehr in die Hand genommen. Der WSF hatte ein Viertel seiner Anteile vorab auf den Markt geworfen sowie einen Teil der Bezugsrechte verkauft; mit dem Erlös kaufte er neue Lufthansa-Aktien. "Die Teilnahme des WSF an der Kapitalerhöhung dient dem Ziel der zügigen Beendigung der staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen", betonte die Finanzagentur des Bundes.

98,4 Prozent der Bezugsrechte seien ausgeübt worden, die die Lufthansa mit einem deutlichen Abschlag zu 3,58 Euro angeboten hatte, erklärte der Konzern. Die restlichen Aktien wurden über den Markt verkauft. "Eine so hohe Annahmequote ist ein großer Erfolg und zeigt, dass die Lufthansa ihre Investoren voll überzeugen konnte", sagte Investmentbanker Julian Schoof, der die Transaktion für die Deutsche Bank begleitet hatte. "Die Öffnung des Luftreiseverkehrs in die USA hat Lufthansa während der Bezugsperiode zusätzlich Rückenwind verschafft." An der Börse kosteten Lufthansa-Papiere am Mittwoch 5,89 Euro.

TUI BAUT AUF WACHSENDE REISELUST

TUI war vom deutschen Staat mit 4,3 Milliarden Euro gestützt worden, weil die Pandemie den Reiseverkehr über die Grenzen fast vollständig hatte zusammenbrechen lassen. 1,3 Milliarden Euro gab es in Form einer Stillen Einlage, drei Milliarden als Kredit der KfW. Von letzterem hatte sie 375 Millionen Euro genutzt, die mit der Kapitalerhöhung zurückgezahlt werden sollen. Die Banken-Kreditlinie über knapp 1,5 Milliarden Euro soll mit dem Erlös um fast die Hälfte schrumpfen. Die neuen Aktien können für 2,15 Euro bis zum 26. Oktober gezeichnet werden, zehn für je 21 TUI-Aktien. An der Frankfurter Börse kosteten sie am Mittwoch 3,84 Euro. Der russische Großaktionär Alexej Mordaschow sicherte zu, voll mitzuziehen und seine Beteiligung von 32 Prozent damit zu halten.

TUI warb bei den Anlegern mit dem Verweis auf die wachsende Reiselust um Vertrauen: Die Zahl der Kunden sei im Juli und August mit 2,6 Millionen doppelt so hoch gewesen wie in dem von der Corona-Krise geprägten Hochsommer 2020. In Deutschland und den Niederlanden lägen die Buchungen inzwischen sogar deutlich über dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Der britische Markt erhole sich, nachdem die Regierung die Corona-Auflagen gelockert habe. "Wo immer staatliche Reisebeschränkungen aufgehoben sind, sehen wir sofort die schnelle Rückkehr des Geschäfts", hieß es.

Für den Winter plant TUI mit 60 bis 80 Prozent des normalen Programms. Bei Langstreckenzielen werde sich die Erholung aber noch länger hinziehen. Im nächsten Jahr könne sich das Geschäft wieder annähernd auf dem Vorkrisenniveau einpendeln. Die Buchungen für den nächsten Sommer lägen um 54 Prozent, der Durchschnittspreis 15 Prozent über dem vergleichbaren Stand für den Sommer 2019. Die beliebtesten Reiseziele seien die Türkei, Florida, Griechenland und Zypern.

Finanziell werde TUI nach der zweiten Kapitalerhöhung wieder auf soliden Füßen stehen, hieß es in der Mitteilung. Im vierten Quartal werde die Verschuldung insgesamt um 2,2 Milliarden auf 6,5 Milliarden Euro sinken.