WASHINGTON (dpa-AFX) - Der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat seine Anhänger angesichts seiner angeblich bevorstehenden Verhaftung zu Protesten aufgerufen. "Protestiert, holt euch unsere Nation zurück!", schrieb Trump am Samstag auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social. Er werde am Dienstag festgenommen werden, behauptete Trump. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es nicht.

Der Staatsanwalt von New York ermittelt gegen Trump wegen Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin und ein Model. Eine Anklage in dem Fall erscheint immer wahrscheinlicher. Falls es dazu käme, würde Trump sich an das übliche Verfahren halten, versicherte sein Anwalt. Eine Verhaftung wäre dann nicht nötig.

Trumps Aufruf zu Protesten weckte Erinnerungen an den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Damals hatte Trump seine Anhänger angestachelt, bevor sie gewaltsam in das Parlamentsgebäude in Washington eindrangen.

Worum geht es in dem Fall?

Die Ermittlungen des New Yorker Bezirksstaatsanwalts Alvin Bragg drehen sich um Schweigegeldzahlungen an zwei Frauen: Das Model Karen McDougal und Pornostar Stormy Daniels. Daniels hatte nach eigener Aussage 2006 Sex mit Trump. Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen hatte nach eigenen Aussagen dann 2016 im Auftrag Trumps Schweigegeld an sie gezahlt, um im Wahlkampf Schaden abzuwenden. Trump und seine Anwälte räumten eine Zahlung ein. Sie bestreiten aber, dass der Ex-Präsident eine Affäre mit der Schauspielerin hatte.

Die Ermittler beschäftigt nun wohl auch die Frage, ob Trump durch die Zahlung womöglich gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Schweigegeld ist in den USA nicht illegal, aber die Anklage könnte die 130 000 Dollar für Daniels als im Bundesstaat New York unzulässige Wahlkampfspende darstellen. Die Ankläger könnten argumentieren, das Schweigegeld sei Trumps Kandidatur direkt zugutegekommen. Ein Geschworenengremium entscheidet in dem Fall nach Vorlage von Beweismitteln durch die Staatsanwälte, ob Anklage erhoben wird. US-Medien gehen davon aus, dass diese Entscheidung in den kommenden Tagen gefällt wird. Trump könnte damit der erste Ex-Präsident werden, der wegen eines mutmaßlichen Verbrechens angeklagt wird. Trump hat im November angekündigt, sich 2024 wieder für das Präsidentenamt bewerben zu wollen.

Wie reagiert Trump?

Trump hat in der Vergangenheit immer wieder versucht, Ermittlungen gegen ihn als politisch motiviert darzustellen und sich selbst als unschuldiges Opfer zu stilisieren. Sein Büro bezeichnete den Fall in New York in einer Mitteilung am Samstag als "Hexenjagd". Es handle sich um eine "Verfolgung", nicht um ein Verfahren. Schon vor Trumps Amtszeit sei er immer wieder von den "radikal linken Demokraten" angegriffen worden, hieß es mit Blick auf Trumps politische Gegner. In seinem Post auf Truth Social am Samstag bezeichnete Trump das Büro des New Yorker Staatsanwalts als "korrupt" und "hoch politisch".

In eine ähnliche Kerbe schlug auch der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, der Republikaner Kevin McCarthy. Er bezeichnete das Vorgehen der Anklage am Samstag auf Twitter als "abscheulichen Machtmissbrauch" und politischen Racheakt.

Von den Demokraten kam harsche Kritik an Trump und seiner Aufforderung zu Protesten. Die Aussage sei "rücksichtslos", ließ die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, mitteilen. Niemand stehe über dem Gesetz, auch nicht der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten. Trump wolle sich nur in die Schlagzeilen schieben, erklärte Pelosi. Zumindest das ist dem 76-Jährigen meisterhaft gelungen: Seit Trumps Mitteilung am Samstag dreht sich in den US-Medien einmal mehr alles um ihn.

Kann Trump trotzdem wieder Präsident werden?

Selbst im Fall einer Anklage habe er nicht vor, seine Bewerbung für die Präsidentschaft zurückzuziehen, hatte Trump schon vor den jüngsten Entwicklungen klargemacht. Bis zu einer möglichen Verurteilung könnten viele Monate oder im Extremfall Jahre vergehen. Und selbst ein Schuldspruch hielte Trump rein rechtlich nicht davon ab, für die Wahl 2024 anzutreten.

Ob allerdings die republikanische Basis bereit wäre, sich hinter einem Kandidaten zu versammeln, der im Zusammenhang mit dubiosen Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar angeklagt ist, muss sich zeigen. In der Vergangenheit haben ähnlich pikante Vorwürfe Trumps Beliebtheit bei seinen Anhängern keinen Abbruch getan. Allerdings stand er bislang auch nicht selbst vor Gericht.

Am Freitag meldete sich der Ex-Präsident auch zum ersten Mal seit langem wieder auf Facebook. "Ich bin zurück!", schrieb Trump zu einem kurzen Video-Clip, der ihn beim Wahlsieg 2016 zeigt. Das weltgrößte Online-Netzwerk hatte ihn Ende Januar - gut zwei Jahre nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols durch seine Anhänger - wieder zugelassen. Trump zog es zunächst dennoch vor, seine Anhänger weiter über die eigene Twitter-Kopie Truth Social zu mobilisieren.

Ist Trump noch in weitere Rechtsstreitigkeiten verwickelt?

Gegen Trump laufen auch in einigen weiteren Fällen Ermittlungen. So untersucht ein vom Justizministerium eingesetzter Sonderermittler Trumps Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol sowie die Mitnahme von geheimen Regierungsdokumenten aus dessen Amtszeit. Im Bundesstaat Georgia ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Trump wegen möglicher Wahlmanipulation. In einem Fall wurde Trump auch schon belangt - zumindest indirekt. Sein Immobilienkonzern wurde in New York unter anderem wegen Steuerbetrugs zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Ex-Präsident war dabei nicht persönlich angeklagt gewesen./htg/DP/nas