ISTANBUL (dpa-AFX) - Die Entscheidung der Türkei, ihr Forschungsschiff "Oruc Reis" wieder im östlichen Mittelmeer nach Erdgas suchen zu lassen, hat zu neuen Spannungen zwischen Athen und Ankara geführt. Die Entsendung sei eine "große Eskalation und eine direkte Bedrohung für Frieden und Sicherheit in der Region", erklärte das griechische Außenministerium am Montag. Man fordere die Türkei auf, ihre Entscheidung unverzüglich rückgängig zu machen und die "illegale Aktion" sofort zu beenden. Griechenland lasse sich nicht erpressen, hieß es.

Die türkische Marinebehörde hatte zuvor mitgeteilt, die "Oruc Reis" werde bis zum 20. Oktober seismische Untersuchungen unter anderem südlich der griechischen Insel Kastelorizo anstellen. Am Montagnachmittag lag das Forschungsschiff nach Angaben der Website "Marinetraffic" noch vor dem Hafen der türkischen Stadt Antalya.

Bundesaußenminister Heiko Maas reist an diesem Dienstag nach Zypern und Griechenland, um über den Erdgasstreit zu sprechen. Ein anschließender Türkei-Besuch, über den türkische und griechische Medien bereits berichtet hatten, findet dagegen nicht statt. Die Entscheidung könnte mit der Entscheidung zusammenhängen, die "Oruc Reis" erneut ins östliche Mittelmeer zu schicken.

Erst Mitte September hatte die Türkei die "Oruc Reis" von einer solchen Erkundungsfahrt heimbeordert. Anfang Oktober kehrte auch das türkische Bohrschiff "Yavuz" von seiner Position im Südwesten der Republik Zypern erstmals seit Monaten in türkische Gewässer zurück. Die Schritte waren als Zeichen der Entspannung gewertet worden.

Das griechische Außenministerium teilte nun mit, die neue Entsendung des Erkundungsschiffes zeige die Unzuverlässigkeit der Türkei und belege, dass Ankara in Wirklichkeit keinen Dialog wolle. Eigentlich hatten die Länder nach einer Vermittlung Berlins vereinbart, demnächst einen Termin für gemeinsame Sondierungsgespräche festzulegen, um das Territorialproblem anzugehen.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, man habe die Ankündigung der Türkei zur Kenntnis genommen. "Wenn es tatsächlich zu Explorationen in diesem umstrittenen Seegebiet käme, wäre das ein sehr bedauerlicher und aus unserer Sicht auch ein unkluger Schritt." Er würde die Bemühungen um Entspannung im östlichen Mittelmeer zurückwerfen. "Und er wäre ganz sicher alles andere als förderlich für die Fortentwicklung der EU-Türkei-Beziehungen, wie sie der Europäische Rat vorletzte Woche ins Auge gefasst hat", sagte Seibert.

Athen wirft der Türkei vor, illegal in Gewässern der Ausschließlichen Wirtschaftszone Griechenlands nach Erdgas zu suchen. Ankara argumentiert, dass die erkundeten Zonen zum türkischen Festlandsockel gehören und die Türkei ein Recht auf Ausbeutung der Bodenschätze hat. Die EU hatte Anfang Oktober entschieden, im Erdgasstreit die Option von Sanktionen gegen die Türkei offen zu halten. Ein türkischer Sprecher erklärte am Montag, Ankara sei für eine diplomatische Lösung, doch es könne keine Verhandlungen geben, wenn die andere Seite auf ihre Besitzansprüche beharre und nur über türkischen Besitz verhandeln wolle./jam/DP/nas