-- 86 Prozent Zustimmung an der Parteibasis

-- Baerbock sieht "Rückenwind" für künftige Regierungsarbeit

-- Koalitionsvertrag soll Dienstagmorgen unterzeichnet werden

(NEU: weitere Aussagen, Hintergrund)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Nach SPD und FDP haben als letzter Ampel-Partner auch die Grünen dem Regierungsbündnis endgültig zugestimmt. Damit kann der Koalitionsvertrag wie geplant am Dienstagmorgen um 9.00 Uhr unterzeichnet und Olaf Scholz am Mittwoch zum Bundeskanzler gewählt werden. In einer Urabstimmung segnete die Parteibasis den Koalitionsvertrag mit einer Zustimmung von 86 Prozent ab, wie Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner bei einer Pressekonferenz in Berlin bekanntgab.

"Wir starten jetzt mit starkem Rückenwind aus der Urabstimmung in eine starke, neue Bundesregierung mit einem sehr starken und vielfältigen Kabinett", sagte Parteichefin Annalena Baerbock. Es sei ein "echter Aufbruch in einzelnen Politikfeldern, ein wirklicher Paradigmenwechsel". Die prioritäre Aufgabe der neuen Regierung werde sein, "alles dafür zu tun, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen". Die Grünen träten in eine Zeit in die Regierung ein, "wo Widersprüche enorm sind, wo die Krisen groß sind", sagte Co-Parteichef Robert Habeck. "Die große Aufgabe unserer politischen Generation, die Versöhnung von ökologischen Fragen und die ökonomischen Notwendigkeiten - die anzugehen zieht sich durch alle Ressorts."

Kellner betonte, die Partei habe ein "klares Votum" für den Koalitionsvertrag gegeben. "Somit hat eine riesige Mehrheit den Koalitionsvertrag angenommen, und wir treten damit ein in eine Regierung mit SPD und FDP", sagte er. Die SPD hatte dem Koalitionsvertrag am Wochenende mit über 98 Prozent Mehrheit und die FDP mit 92 Prozent zugestimmt. Der Grünen-Geschäftsführer sah dennoch - ebenso wie Baerbock - "Rückwind" aus dem Votum. Die 125.126 Parteimitglieder hatten zehn Tage lang digital oder per Brief über den Koalitionsvertrag und das von grüner Seite vorgesehene Personaltableau abgestimmt.


Habeck sieht vielfältiges Deutschland in Kabinettsliste 

Demnach soll Habeck Wirtschafts- und Klimaminister sowie Vizekanzler werden und Baerbock Außenministerin. Als Umweltministerin ist die frühere Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke vorgesehen, als Familienministerin die bisherige rheinland-pfälzische Ministerin Anne Spiegel und als Landwirtschaftsminister der frühere Parteichef Cem Özdemir. Die gegenwärtige Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth soll Kulturstaatsministerin werden. "Wir haben das vielfältige Deutschland vorbildlich abgebildet in Kompetenz und in Person", erklärte Habeck.

Zum Klimaschutz sei von der Vorgängerregierung "nicht genug getan worden", monierte der designierte Wirtschafts- und Klimaminister. "Wir starten quasi in Rückenlage." Baerbock kündigte an, der internationale Klimaschutz solle im Auswärtigen Amt künftig eine zentrale Rolle spielen. Özdemir erklärte, er wolle "erster Anwalt der Bäuerinnen und Bauern, aber auch oberster Tierschützer" sein. "Mir ist es nicht an der Wiege gesungen worden, dass ich einmal hier stehe als designierter Minister dieses Landes", hob er hervor.

Bei den Beratungen der Grünen hatte es zuvor heftige Diskussionen gegeben, weil dem zum linken Parteiflügel zählenden Fraktionschef Anton Hofreiter mit der Benennung des Realos Özdemir ein Ministeramt verwehrt geblieben war. Die internen Querelen hatten zu einer Verzögerung bei der Urabstimmung geführt.

(Mitarbeit: Andrea Thomas)

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December 06, 2021 11:17 ET (16:17 GMT)