-- Bankenverband: BIP wächst 2021 um 3,8 und 2022 um rund 4 Prozent

-- Wirtschaft könnte 2022 ihr Vorkrisenniveau wieder erreichen

-- Banken sehen keine Stabilitätsgefahr durch Insolvenzen

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Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die privaten Banken Deutschlands erwarten ab dem Frühjahr eine deutliche Konjunkturbeschleunigung. Für das gesamte Jahr 2021 erwarten ihre Chefökonomen ein Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent, und für das kommende Jahr stellen sie ein Plus von rund 4 Prozent in Aussicht, wie der Bundesverband deutscher Banken in Berlin mitteilte. 2022 könnte die Wirtschaft so ihr Vorkrisenniveau wieder erreichen. Eine Stabilitätsgefahr durch steigende Insolvenzen sehen die Banken in diesem Jahr nicht.

Durch die hohen Infektionszahlen und den anhaltenden Lockdown werde die Wirtschaftsleistung zu Beginn dieses Jahres allerdings schrumpfen. So rechneten die Chefvolkswirte der privaten Banken in ihrer Frühjahrsprognose für das erste Quartal 2021 mit einem Rückgang des Wirtschaftswachstums von etwa 1,0 bis 1,5 Prozent. Gleichwohl blieben die Banken zuversichtlich, dass die Konjunktur im zweiten Quartal wieder Fahrt aufnimmt. "Die Wachstumsdelle zum Jahresstart wird umso besser verkraftbar sein, je schneller die Politik die lähmenden Unsicherheiten in den Griff bekommt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Christian Ossig.

Aus Sicht der Banken gebe es auch "zahlreiche Hinweise darauf, dass der künftige Anstieg der Insolvenzen erstens nicht ganz so heftig ausfallen wird und sich zweitens auch etwas strecken wird". Ein eindeutiger Indikator dafür sei ein in Deutschland im europäischen Vergleich sehr geringer Anteil an gestundeten Krediten von unter einem Prozent am Gesamtportfolio. Ein Anstieg um rund 24.000 Insolvenzen im Gesamtjahr, wie ihn Zahlen der Bundesbank und des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nahelegten, "wäre volkswirtschaftlich verkraftbar und würde auch für den Bankensektor keine besondere Stabilitätsgefahr darstellen", betonte er.

Als Gründe für die Vermeidung einer darüber hinausgehenden Insolvenzwelle nannte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes eine deutliche Verbesserung der Eigenkapitalquote deutscher Unternehmen und "gute Chancen auf eine schnelle, kräftige wirtschaftliche Erholung, die einsetzt, sobald das Infektionsgeschehen als gut kontrollierbar gilt und die Alltagsbeschränkungen gelockert werden".


 
Export und privater Konsum als Stützen des Wachstums 

Der Zuwachs im nächsten Jahr dürfte laut der Prognose deutlich vom Schwung aus dem laufenden Jahr profitieren. Stärkste Stützen des Wachstums werden demnach der Export und der private Konsum sein: Während Unternehmen kräftig Rückenwind vom wiederbelebten Welthandel bekämen, würden viele Menschen ihr pandemiebedingtes "Zwangssparen" beenden und wieder mehr konsumieren. "Wir rechnen beim Verbrauch der privaten Haushalte mit einem Plus von 3,5 Prozent, das wäre mit Abstand das stärkste Plus beim privaten Konsum in Deutschland seit der Wiedervereinigung", so Ossig.

Ganz wesentlich dafür sei allerdings, dass es gelinge, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten. "Für die Zeit nach den gravierenden Corona-Einschränkungen sollte die Wirtschaftspolitik jetzt die Weichen stellen, um raus aus dem Krisenmodus und rein in einen Neustart zu kommen", forderte er. Deutschland brauche einen deutlichen Innovationsschub und mehr Investitionen in eine nachhaltige und digitale Zukunft. Derzeit zu beobachtende "verhaltene Perspektiven für die Investitionsentwicklung" seien nach Einschätzung der Bankenvolkswirte nicht gerade beruhigend.

Die Banken benötigten zur Finanzierung aber "Handlungsspielräume". Besonders belastend seien nach wie vor die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank. Ossig forderte zudem eine geringere Bankenabgabe durch eine "Fixierung" des Abwicklungsfonds auf ursprünglich geplante 55 Milliarden anstelle mittlerweile vorgegebener 78 Milliarden Euro.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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March 03, 2021 07:18 ET (12:18 GMT)