--Arbeitgeber müssen Homeoffice nach Möglichkeit anbieten

--Homeoffice soll schärferen Lockdown verhindern

--Arbeitgeber kritisieren bürokratischen Aktionismus

(Neu: Details, Reaktionen)

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten bis Mitte März die Arbeit im Homeoffice anbieten, wenn dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Eine entsprechende Verordnung passierte am Mittwoch das Bundeskabinett und soll ab Mitte nächster Woche gelten. Auch werden Arbeitsschutzbestimmungen verschärft. Damit sollen die Kontakte und das Verkehrsaufkommen reduziert werden, um die Infektionszahlen mit dem Coronavirus zu verringern.

Sollte Homeoffice nicht möglich sein, müssen Arbeitgeber die Belegung von Räumen reduzieren. Sind keine ausreichenden Abstände möglich, müssen medizinische Masken eingesetzt und vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil appellierte nach der Kabinettssitzung an die Arbeitgeber, mehr Angestellte ins Homeoffice zu schicken, sowie an die Arbeitnehmer, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. Viele Unternehmen machten bereits mit, aber Experten hätten darauf hingewiesen, dass es beim Thema Homeoffice noch "viel Luft nach oben" gebe.

"Ziel ist es, Kontakte zu reduzieren und mögliche Infektionen zu vermeiden", erklärte Heil. Man wisse, dass diese Regelungen und der Lockdown für viele Menschen und Betriebe eine Belastung sei. Aber es gelte, "einen vollständigen Lockdown der Wirtschaft in Deutschland mit fatalen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft abzuwenden. Als Bundesregierung kämpfen wir in dieser Krise auch um jeden Arbeitsplatz und jede wirtschaftliche Existenz."


Strafen und einklagbare Rechte nicht im Vordergrund 

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt bei den Regelungen auf flexible Lösungen. Man könne beispielsweise bei kleinen Unternehmen auf betriebswirtschaftliche Umstände Rücksicht nehmen, sagte er im ARD-Morgenmagazin. "Die Botschaft ist: Überall Homeoffice wo es geht, aber nur dort, wo es geht. Es gibt viele Berufe, die können gar nicht von zu Hause aus arbeiten", sagte Altmaier. Es gehe um eine Regelung mit Augenmaß. Er gehe davon aus, dass staatliche Kontrollen nicht erforderlich sein werden.

Heil machte deutlich, dass Beschäftigte nicht gezwungen werden könnten, im Homeoffice zu arbeiten. Zwar sei die Verhängung von Bußgeldern möglich, wenn Unternehmen Homeoffice ungerechtfertigter Weise nicht ermöglichten. Aber es gehe "nicht um Strafen und nicht um einklagbare Rechte", so Heil. Er appellierte an die Einsicht der Unternehmen und Beschäftigten, einen Beitrag zum Kampf gegen die Corona-Pandemie zu leisten.


Arbeitgeberverband kritisiert bürokratischen Aktionismus 

Der Arbeitgeberverband BDA hat die Homeoffice-Verordnung nach eigener Aussage mit "Verwunderung" zur Kenntnis genommen. "Nur wenige Tage nachdem der Bundespräsident, die Gewerkschaften und die Arbeitgeber einen entschlossenen und gemeinsamen Appell an Unternehmen und Beschäftigte gerichtet haben, schlägt die Politik in einer Art Ersatzhandlung eine Homeoffice-Bürokratie vor, die in ihrer Wirksamkeit zweifelsfrei hinter dem Handeln der Sozialpartner zurückbleibt", erklärte der BDA. "Es bleibt abzuwarten, ob sich die Verantwortlichen klar darüber sind, dass sie damit zukünftige gemeinsame Interessen im Rahmen der Sozialpartnerschaft erschweren oder verhindern."

Regierungsvertreter haben in den vergangenen Wochen wiederholt kritisiert, dass im aktuellen Lockdown weniger Menschen im Homeoffice arbeiteten als im vergangenen Frühjahr.

Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, kritisierte die Arbeitgeber in der Phase der zweiten Infektionswelle. "Es ist gut, dass die Arbeitgeber jetzt per Verordnung zu mehr Homeoffice-Angeboten gebracht werden sollen", sagte Montgomery der Rheinischen Post. In dieser zweiten Welle seien viel zu viele Büros offengelassen worden. Es habe sogar Unabkömmlichkeitserklärungen gegeben, die an Arbeitnehmer verschickt wurden, obwohl dies nicht unbedingt nötig gewesen wäre. "Arbeitgeber hatten einen Anteil daran, dass die Infektionszahlen noch einmal so stark steigen konnten", so Montgomery.

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January 20, 2021 06:47 ET (11:47 GMT)