--Kaufprämie für E-Autos wird bis 2025 verlängert

--Abwrackprämie für ältere Lkws

--Zukunftsfonds soll beim Strukturwandel der Industrie helfen

(Neu: Weitere Aussagen, Details Entwurf der Abschlusserklärung)

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung will die Autoindustrie mit insgesamt 5 Milliarden Euro stützen, um ihr damit durch die coronabedingte Rezession und bei der Mobilitätswende hin zu unfreundlicheren Antrieben zu helfen. So soll die Kaufprämie für Elektroautos bis 2025 verlängert, eine Abwrackprämie für Nutzfahrzeuge und ein Zukunftsfonds für die Transformation der Industrie bereitgestellt werden, verkündeten mehrere Minister unmittelbar vor dem Gipfel der Bundesregierung mit der Automobilindustrie.

Von den Geldern wurden 2 Milliarden Euro bereits mit dem Corona-Konjunkturpaket angekündigt. Zusätzlich sollen 3 Milliarden fließen, je rund 1 Milliarde für die Kaufprämie für E-Autos, die Abwrackprämie für Lkw und den "Zukunftsfonds Automobilindustrie".

Bei dem Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie Vertretern aus der Automobilindustrie und den Gewerkschaften, das um 19.00 Uhr begann, soll es um die Stärkung der deutschen Schlüsselindustrie im aktuellen Strukturwandel hin zu klimafreundlicher Verkehrstechnologie gehen.

"Das ist kein Automobilgipfel wie jeder andere. Wir alle sind uns bewusst, dass sich die Branche in einer schweren Phase befindet, die Hunderttausende, ja Millionen von Arbeitsplätzen betrifft", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu der Einigung, die er zusammen mit seinen Kollegen vom Bundesverkehrs-, Bundesumwelt- und Bundesarbeitsministerium der Presse vorstellte. "Deshalb wollen wir heute Abend ein klares Signal geben."

In einem Entwurf für das Abschlusspapier des Autogipfels, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, heißt es, es gehe darum Transformation zu unterstützen und die Wertschöpfungsketten zu stärken. "Um die Folgen der Krise zu überwinden und gleichzeitig die strukturellen Herausforderungen erfolgreich zu bestehen, muss aber der Wandel der Branche entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorangetrieben werden", so der Entwurf. "Die Beschäftigten müssen wir durch Qualifizierung und Weiterbildung nachhaltig in neue, veränderte Tätigkeiten begleiten. Insbesondere kleine und mittlere Zuliefererunternehmen müssen bei der Transformation begleitet werden."


  Schulze erwartet weiteren Schub für Elektromobilität 

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobte den Beschluss zur Verlängerung der Kaufprämie für E-Autos. "Das wird den Schub für die Elektromobilität nochmal deutlich verstärken und es hilft uns im Verkehrssektor beim Klimaschutz", sagte sie.

In dem Entwurf für die Abschlusserklärung des Autogipfels heißt es, dass die Automobilindustrie ihren Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele leisten werde. "Die Dekarbonisierung des Mobilitätssektors ist ein zentraler Bestandteil des Klimaschutzes und muss als Chance für Innovation und Wertschöpfung ausgestaltet und genutzt werden", heißt es in dem Entwurf.

Die aktuelle Kaufprämie für E-Autos wäre Ende 2021 ausgelaufen. Der Kauf von E-Autos wird mit bis zu 9.000 Euro gefördert, 6.000 Euro kommen vom Staat, die Autoindustrie gibt weitere 3.000 Euro dazu. Insgesamt werden nicht nur reine E-Autos, sondern auch Plug-in-Hybride staatlich gefördert, die sowohl einen Elektroantrieb als auch einen Verbrennungsmotor haben. Auch Plug-in-Hybride sollen weiter gefördert werden.

Die Analysten von LBBW Research erwarten, dass der Fördertopf der Bundesregierung im Umfang von rund 4 Milliarden Euro wegen der hohen Nachfrage nach E-Autos bereits Anfang 2022 ausgetrocknet sein könnte. Sie forderten, dass der Staat noch einmal 2 bis 4 Milliarden Euro an staatlicher Förderung in die Hand nehmen soll, um den Verkauf der Elektroautos bis zum Jahr 2025 zu fördern.


   Abwrackprämie für Lkw 

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erklärte zudem, man habe seinem jüngst vorgestellten Vorschlag für eine Abwrackprämie für ältere Lkw zustimmt. Bis 2023 sollen insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Damit wird neben der Anschaffung von Lkw mit Elektro- und Wasserstoffantrieb auch die Anschaffung von fabrikneuen Lkw mit konventionellen Antrieben gefördert, die die Anforderungen der aktuellen Abgasstufe Euro VI erfüllen und zusätzlich bestimmte Umweltvorteile aufweisen. Voraussetzung ist aber, dass gleichzeitig ein alter Lkw der Abgasstufen Euro III, IV und V verschrottet wird.

Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte vor dem Treffen die geplante Milliarden-Subvention für aus ihrer Sicht klima- und gesundheitsschädliche Lkw. Sie befürchtet beim Autogipfel eine "erneute Selbstbedienung aus der Staatskasse" seitens der Autokonzerne. "Anstatt Gütertransporte auf der Straße zu verteuern, will Verkehrsminister Scheuer Diesel-Lkw mit knapp einer Milliarde Euro subventionieren", monierte die Umwelthilfe.


   Jobs für die Zukunft sichern 

Die Bundesregierung will 1 Milliarde Euro für den "Zukunftsfonds Automobilindustrie" zur Verfügung stellen. Dieser soll in erster Linie die mittel- und langfristigen Herausforderungen der Automobilindustrie adressieren. Auf Bundesebene solle eine strategische strukturpolitische Orientierung für den Standort Deutschland erarbeitet werden, heißt es in dem Entwurf der Abschlusserklärung und weiter: "Daraus müssen konkrete Ableitungen für eine marktwirtschaftliche und beschäftigungspolitische Flankierung des Strukturwandels der Kernindustrie Automobil einschließlich der anverwandten Industriebereiche möglich sein".

In dem Entwurf wird auch an dem Ziel festgehalten, bis Ende 2021 50.000 zusätzliche Ladepunkte zu errichten. Dies bedeute dann rund 72.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. "Die Bundesregierung erwartet dazu von der Automobilindustrie bis Ende 2021 einen signifikanten Beitrag der zugesagten 15.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkte", heißt es in dem Entwurf. Geplant sei auch eine Ausrüstung von mindestens 25 Prozent aller Tankstellen mit Schnelllade-Ladeinfrastruktur bis Ende 2022, von mindestens 50 Prozent bis Ende 2024 und mindestens 75 Prozent bis Ende 2026.

An dem Autogipfel nehmen Merkel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der Chef der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität, Henning Kagermann, sowie die Vorstandsvorsitzenden von BMW, Daimler und Volkswagen teil. Auch die Zulieferer Bosch und Continental sowie Vertreter der IG Metall sind dabei.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/gos

(END) Dow Jones Newswires

November 17, 2020 14:18 ET (19:18 GMT)